Mit meiner Frage hatte er einfach nicht gerechnet. Ich hatte ihm nämlich eine paradoxe Frage gestellt. Paradox heißt widersprüchlich. Mit paradoxen Fragen verfolge ich das klare Ziel, das vom Befragten als Problem identifizierte Verhalten zu verstärken, um auf diese Weise einen ganz bestimmten Zweck zu erfüllen: Jemand, der ein Problem in seinem Verhalten (z.B. Ungeduld) verstärken kann, der hat ebenso die Fähigkeit, dieses Verhalten zu verringern, es in einer abgewandelten (konstruktiveren) Form zu zeigen oder es ganz aufzugeben. Gelingt eine solche Verstärkung, ist eine Veränderung des Fokus in die entgegengesetzte Richtung (weniger ungeduldig) möglich. Somit erreiche ich, dass das „Opfer“ (Ich bin ungeduldig. Was kann ich dagegen tun?) zum aktiven Einflussnehmer wird und sich in seinem eigenen Defizit nicht ausgeliefert fühlt.
Verschlimmerungsfrage
Die Verschlimmerungsfrage ist eine Variante der paradoxen Frage. Die Problemorientierung dieser systemischen Frageart soll dem Befragten bewusst machen, dass Probleme bewusst erzeugt werden und somit auch bewusst unterlassen werden können. Zum Beispiel: “Was könntest du tun, um dich noch ungeduldiger zu fühlen?” Oder: “Wie kann ich dich dabei unterstützen, das Problem zu behalten?” Verschlimmerungsfragen dürfen durchaus provokativ sein, den Befragten einen Spiegel vorhalten und ihn mit seiner negativen Eigenschaft offen konfrontieren, z.B.: “Was ist, wenn deine Teammitglieder dir gar nicht zutrauen, dass du geduldiger sein kannst?”
Auf den Punkt gebracht: Paradoxe Fragen, wie die Verschlimmerungsfrage, sind auf den ersten Blick verrückt und irritieren das Selbstverständnis des Befragten. Auf diese Weise verrückt die Frage den Fokus und lädt zum Nachdenken in Lösungsbereichen ein, die bis dato möglicherweise unerforscht oder unberührt waren: Verrückt verrückt.