Einen Schritt aus dem Moloch heraus

Hochproduktive Teams

Das Ziel von Scrum sind hochproduktive Teams. Doch wie sieht ein hochproduktives Team aus? Wie wird es zusammengestellt, und wie organisiert es sich selbst? Welche Verantwortlichkeiten hat es, und woran erkennt man ein erfolgreiches Scrum-Team? Und ist Scrum möglicherweise der Anfang vom Ende der Arbeitsteilung in Software-Entwicklungsteams?
Ein Scrum-Team ist ein Produkt-Entwicklungsteam. Es hat die Aufgabe, ein Produkt zu liefern, nicht nur Code. Natürlich liefert das Team auch die Software. In den meisten Fällen benötigt man aber weit mehr für die Erstellung eines Produktes als nur die Software. Die Teammitglieder sind in Scrum im Rahmen ihrer Möglichkeiten für alles, was für die Produkterstellung zu tun ist, selbst verantwortlich. Ein Scrum-Team besteht also aus den Personen, die die Kenntnisse haben, um das Produkt in seiner Gesamtheit zu liefern. Jedes Mitglied eines hochproduktiven Teams übernimmt die Verantwortung für das Gelingen des Projektes. Teams haben die Verpflichtung zu liefern, was sie sich selbst vornehmen. Jedes einzelne Teammitglied ist für seine Leistung im Team verantwortlich, und gemeinsam sind alle dafür verantwortlich, das Versprechen, das sie als Team gegeben haben, zu halten.
Zusammenarbeit in einem Scrum-Team ist nicht das Ende der Arbeitsteilung, sondern bringt zusammen, was zusammengehört. Statt entlang der Aufbauorganisation arbeiten Menschen in Scrum horizontal entlang der Wertschöpfungskette des Unternehmens. Sie arbeiten mit ihren Fähigkeiten als Spezialisten zusammen und über ihre enge Zusammenarbeit entwickeln sie gemeinsam Talente im Team, auch außerhalb ihrer Spezialfähigkeit.

System Teams versus Feature Teams

Teams sollten immer nach Funktionalitäten oder Produktteilen aufgestellt werden. Scrum-Teams sollten Produkte oder Applikationen liefern, nicht nur sogenannte Basis-Komponenten (technisch notwendige Aspekte des Systems, die nur für andere Entwickler bedeutsam ist). Wenn wir gewachsene Unternehmen betrachten, stoßen wir immer wieder auf Systemlandschaften, die sich entlang ihrer Aufbauorganisation entwickelt haben. Hier ist die Suche nach einem Produkt mitunter nicht ganz so einfach.
Ein Tipp: Suchen Sie Ihren Kunden, dann finden Sie auch Ihr Produkt. Ihr Kunde sollte sich außerhalb Ihres Unternehmens befinden und nicht die selbst erstellten Bedürfnisse befriedigen. Suchen Sie den Kunden am echten Markt, nicht am internen.
Wie gesagt, starten wir in einem gesamten IT-Bereich mit dem agilen Vorgehen, dann sieht die Lage oft anders aus. Wir treffen auf Kopfmonopole, komplexe Systeme mit großen Abhängigkeiten, mittelmäßigen bis schlechten Code und alles hat sich über Jahre hinweg aufgebaut.
Aus dieser verstrickten Lage kommen wir nicht mit einem Schritt alleine heraus! Wir müssen uns Schritt für Schritt einen Weg aus dem Moloch herausbahnen.

Schritt für Schritt

Zentrale Aspekte bei einer agilen Transition sind der Aufbau von Zusammenarbeit und Entscheidungen im Konfliktfall, klare Führungsaufgaben. An dieser Stelle wird auch schnell klar, warum eine Unterstützung aus dem Management notwendig ist. Kommen wir zurück zu unserem eingangs erwähnten Beispiel für hochproduktive Teams, anhand eines Feature-Teams:
In einer Organisation kann oder soll die Zusammensetzung der Teams nicht sofort komplett umgestellt werden, um cross-funktionale Teams zu erzeugen. Es werden also nicht die Menschen zusammengebracht, die schon gemeinsam, allerdings in verschiedenen Teams, die Produkte erzeugen. Wenn das nicht von Anfang an gelingt, dann darf man nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern muss die Reise beginnen lassen. Gehen wir den ersten Schritt: Wir stärken die Zusammenarbeit und den Wissenstransfer im Team und bringen die Menschen zusammen, die einen gemeinsamen Auftrag haben, auch wenn sie ihn noch nicht gemeinsam wahrnehmen können. Wie gesagt, ein Schritt.
Ein weiterer, kleiner Schritt auf dem Weg in die für uns richtige Richtung wäre folgender: Okay, wir entwickeln eine Komponente, aber wenn schon, dann auch richtig. Unseren Teil des Features haben wir fertiggestellt und getestet bis zur Schnittstelle (mit oder ohne Versionierung, je nach Unternehmensstandard) und richtig fertig, ohne Kompromisse.

Die Demut der kleinen Schritte

Wir können nicht alles sofort umkrempeln und blitzend machen, das verbietet uns schon allein die Demut. Ein Unternehmen ist gewachsen, komplex und ist nicht reduzierbar auf Ursache-/Wirkungsprinzipien. Vielmehr arbeiten wir anhand eines empirischen Prozesses, bei dem wir unsere Erwartungen kenntlich machen und dann nach kurzer Zeit messen, ob das Erwartete eingetreten ist (inspect & adapt). So lässt sich zum einen messen, ob wir mit dem nächstmöglichen Schritt, der nächsten Schraube, an der gedreht wurde, das Gewünschte erreicht haben. Wenn nicht, dann gehen wir einen Schritt zur Seite, schräg nach vorne oder auch einen Schritt zurück.
Wenn wir begreifen, dass wir als Menschen nicht unfehlbar sind und nicht unsere Würde an unsere Entscheidungen hängen, dann haben wir die Chance, kleine Schritte zu gehen und uns selbst am eigenen Schopf aus dem Moloch herauszuziehen. Dafür müssen wir akzeptieren, dass wir nicht alles kontrollieren können, sondern wir müssen vertrauen, loslassen und genau das kontrollieren, was kritisch für das gesamte Unternehmen wird.

Geschrieben von

bgloger-redakteur bgloger-redakteur

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