Vorbild!? Ein Begriff ohne Wertung

Es hat einige Jahre in der Mitarbeiterführung gebraucht, bis ich verstand, dass der Begriff „Vorbild“ kein grundsätzlich positiv besetzter Begriff ist. Ein Vorbild ist, was es ist. Nicht mehr, nicht weniger. Laut Wikipedia ist ein Vorbild eine Person oder Sache, die als richtungsweisendes oder idealisiertes Muster oder Beispiel angesehen wird. Ich möchte mich der Rolle des Managers widmen, der im Scrum-Umfeld nach wie vor eine gewisse Macht, sprich Weisungsbefugnis besitzt, um ein starkes Wort zu verwenden. Viele dieser sogenannten Manager beschäftigt, warum all die Mitarbeiter nicht immer das tun, was ihnen aufgetragen wird. Das kann natürlich mehrere Gründe haben, einen der naheliegendsten möchte ich betrachten.

Practice what you preach

Viele Manager leben nicht genügend vor. Teilweise sind sie nicht mal präsent oder greifbar. Schauen wir uns ein einfaches Beispiel an. Der Manager einer IT-Firma erwartet von seinen Mitarbeitern, dass diese den Kunden nach jedem abgeschlossenen Gespräch zur Tür begleiten und freundlich für den Kunden aufhalten. Selber sitzt er aber nur in seinem Büro und begleitet die Kunden nicht zur Tür, sollte er doch einmal einen Kunden bedienen. Hier wird sehr klar, was es mit dem Begriff „Vorbild“ auf sich hat. Auch dieser eben beschriebene Manager ist ein Vorbild, natürlich kein gutes. Der Begriff Beispiel beschreibt es daher treffender, da er völlig wertfrei ist.
Wundern muss sich der Manager in unserem Beispiel jedenfalls nicht, wenn seine Kunden nicht konsequent zur Tür begleitet werden. Schon gar nicht, wenn er ohnehin nicht präsent ist und die Zeit in seinem Büro verbringt. Ein Vorbild ist zunächst einmal nur ein Beispiel, an dem sich andere orientieren. Jeder, der mal eine Führungsrolle bekleiden möchte, sollte sich also fragen, ob er auch bereit ist, seiner Rolle als positives Beispiel gerecht zu werden und die Dinge vorzuleben, die er von seinen Mitarbeitern erwartet. Falls nicht, sollte er oder sie ehrlich mit sich selbst sein und sich fragen, ob er/sie als Führungskraft geeignet ist. Wenn nicht, ist das kein Beinbruch. Und, einer Entscheidung, die auf solcher Selbsterkenntis beruht, gebührt Respekt. Nicht jeder muss ein Häuptling sein. Es braucht auch Krieger.
Im Bezug zu Scrum wird deutlich, dass Entwicklungsteams sehr selbstorganisiert arbeiten, wenn Scrum erstmal erfolgreich implementiert ist. Aber, Selbstorganisation braucht einen Rahmen. Das bedeutet nicht nur, dass ich zu einer bestimmten Uhrzeit in einem bestimmten Gebäude sein muss, sondern z.B. auch, dass da eine Führungskraft präsent ist und mich dies einerseits im positiven Sinne antreibt, mir andererseits aber auch meinen Rahmen im Sinne meiner Grenzen zeigt. Wenn Sie also in Ihrem Projekt eine tatsächliche Führungsposition innehaben, darf ich Sie dazu einladen, sich selbst zu hinterfragen. Bin ich präsent? Lebe ich genügend vor? Oder wenn nicht: Fühle ich mich wohl in meiner Rollel? Tun Sie sich und anderen den Gefallen und seien Sie ehrlich mit sich selbst. Die Mitarbeiter brauchen Sie!
Das Schöne ist, dass die Befähigung einer Führungskraft aus Mitarbeitersicht häufig über Dinge wie Präsenz – also: ist mein Chef greifbar, ist er geistig anwesend, hat er ein Ohr für meine Anliegen – beurteilt wird und weniger auf fachlicher Eignung beruht. Die Anerkennug der Mitarbeiter ist Ihnen also sicher. Wenn Sie spürbar für sie da sind.

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bgloger-redakteur bgloger-redakteur

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