Think big, start small – das Minimum Viable Product

Unternehmen, die sich ein paar Berater ins Haus holen können, nagen in der Regel nicht am Hungertuch. Das heißt nicht, dass sie keinen Druck haben, wirtschaftlich zu arbeiten, aber im Vergleich zu beispielsweise einem Startup kann man sich etwas mehr leisten.
Dieser Umstand führt, in Kombination mit schlechter Gewohnheit und klassischem Wasserfall-Proejktmanagement, oft dazu, dass Produkte vollkommen am Kunden vorbeientwickelt werden. Warum? Na weil sich top-ausgebildete Fachleute doch schon genügend Gedanken über das Produkt gemacht haben! Warum dann noch den Kunden oder Nutzer fragen, der hat doch im Zweifelsfall eh nur was zu meckern. Außerdem herrscht noch immer der Irrglaube vor, dass ein Produkt nur dann veröffentlicht werden kann, wenn es alle Features enthält, die man sich jemals hätte dafür ersinnen können.
Und genau um diese beiden „Mythen“ dreht sich das Minimum Viable Product (MVP). Was für Startups aufgrund fehlender Ressourcen fast gar nicht anders geht, müssen die großen Unternehmen auch ohne massiven Leidensdruck noch erlernen: Produkte so früh wie möglich an den Kunden bringen, um wertvolles Feedback einzusammeln und sofort in die Produktentwicklung einfließen zu lassen – und das auch und gerade dann, wenn noch nicht alle Features in diesem Produkt enthalten sind.
Das MVP bietet einem Unternehmen die Gelegenheit, sehr viel früher auf die tatsächlichen Bedürfnisse der potentiellen Nutzer einzugehen. Features, die man selbst vielleicht für unverzichtbar gehalten hat, interessieren den Großteil der Nutzer unter Umständen gar nicht, oder es ergibt sich eine Verschiebung der Priorisierung geplanter Feature-Releases – auch das ist eine wertvolle Erkenntnis, um den ROI frühzeitig zu maximieren.
Ein Startup muss, auf der Suche nach privaten oder instutionellen Geldgebern, oftmals einen Meilensteinplan vorlegen und einen monatsgenauen Finanzplan für die nächsten fünf Jahre bereithalten. Erfolgreiche Investoren interessieren aber in der Regel nur zwei Dinge, wenn man von der Zusammensetzung des Gründerteams absieht:

  1. Gibt es einen Prototypen mit genügend Traction, um ein Investment zu rechtfertigen und
  2. Was ist die Vision hinter dem Produkt?

Analog hierzu sollten sich auch große Unternehmen mit dem Gedanken vertraut machen, weniger Zeit damit zu verbringen, jedes neue Produktrelease im Vorhinein bis ins kleinste Detail planen zu wollen. Diese Pläne können sie nach nach spätestens sechs Monaten sowieso vergessen, weil das Projekt schon dann teurer geworden ist und auf jeden Fall länger dauert als geplant. Stattdessen sollten die jeweiligen Product Owner, ganz im Sinne der agilen Produktentwicklung, die Features des gewünschten Produktes durchpriorisieren und dafür sorgen, dass hierfür schnellstmöglich konstruktives Feedback vom anvisierten Endnutzer eingeholt werden kann.
Literaturtipp
Eric Ries: The Lean Startup. Portfolio Penguin, 2011.

Geschrieben von

bgloger-redakteur bgloger-redakteur

TEILE DIESEN BEITRAG

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.