Die agile Versicherung: Mit dem Innovation Lab zu neuen Produkten

Welche Versicherung hast du zuletzt abgeschlossen? Dein Partner? Deine Eltern? Vielleicht war es ja eine Haftpflicht-, Hausrat- oder KFZ Versicherung? Oder gar eine Lebens- bzw. Berufsunfähigkeitsversicherung?
Egal, welche Versicherung es war: Es ist seit Jahren das gleiche Produkt. Die Versicherungsbranche hat in den letzten Jahrzehnten nicht gerade durch Innovationen auf sich aufmerksam gemacht. Doch das ändern wir jetzt!
Der Blick auf die digitalen Umwälzungen in der Gesellschaft führt zwangsläufig zu der Erkenntnis, dass auch Versicherungen auf lange Sicht nicht mehr mit alten Produkten punkten können. Wie viele von uns wollen noch mit dem Versicherungsvertreter sprechen oder in eine Filiale gehen und sich dort beraten lassen? Wir suchen einfach im Internet nach der günstigsten Kfz-Versicherung. In naher Zukunft werden die meisten Autos autonom unterwegs sein, da stellt sich die Frage: „Kann mein Auto im Schadensfall den Schaden nicht einfach automatisch angeben und sich auch gleich um die Abwicklung und Bezahlung kümmern?”
Mit solchen Fragen müssen sich Versicherungen auseinandersetzen. Sie müssen sich fragen, ob sie für die Kundenanforderungen der Zukunft die richtigen Business-Modelle, die richtigen Produkte und die richtigen Vertriebskanäle haben. Wenn sie das beantwortet haben, müssen sie sich überlegen, ob es dafür das richtige Know-how im Unternehmen gibt. Ebenso, ob sie mit den vorhandenen Systemen und Prozessen auf die digitalen Kapriolen des Marktes überhaupt reagieren können.
Mit einer großen deutschen Versicherung haben wir uns auf die Suche nach Antworten gemacht. Dazu nutzten wir das Innovation Lab, das vom Unternehmen mit dem Ziel eingerichtet worden war, neue Herangehensweisen zu entwickeln und zu fördern. Das Innovation Lab wird von Mitarbeitern betrieben, die bis zu vier Tage die Woche freigestellt sind. Dieses Team besteht aus acht Leuten: aus einem Product Owner, einem Scrum Master und sechs Teammitgliedern, die die Entwicklung und Umsetzung von Produktvisionen vorantreiben.

Zeigt her eure Ideen!

Zuallererst haben wir die echten Experten für Produkte und Systeme dazu eingeladen, uns zu helfen: die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Versicherung. Das haben wir mit Hilfe eines Innovationswettbewerbs gemacht. Alle Mitarbeiter konnten ihre Ideen beim Innovation Lab einreichen. Mehr als 80 Mitarbeiter nutzten diese Chance und nahmen am Wettbewerb teil. Aufgrund der Vielzahl und unterschiedlichen Arten war die Bewertung der Ideen natürlich ein herausfordernder Prozess. An der Bewertung waren die Mitarbeiter des Innolabs und ein zuvor bestimmtes Expertennetzwerk, bestehend aus internen Mitarbeitern, beteiligt. Sieben Ideengeber bekamen schließlich die Möglichkeit, einen Prototyp zu erstellen.

Diese Phase war für mich die spannendste, denn jetzt wurden die Ideen anhand von Kriterien wie Machbarkeit und Bezug zum Unternehmen auf den Prüfstand gestellt. Jede Idee wurde gleich behandelt und bekam für fünf Tage ein fixes Budget und ein Team. Also alles, was benötigt wird, um einen Prototypen zu bauen. Das Team setzte sich aus einem ScrumMaster, dem Ideengeber (zugleich Product Owner) und einem crossfunktionalen Development Team aus freiwilligen Mitarbeitern und Themen-Experten zusammen. In den fünf Tagen wurde ein „Design Sprint“ durchlaufen, mit dem Ziel, das höchste Risiko und/oder die Akzeptanz des Nutzers zu überprüfen. Das höchste Risiko konnte zum Beispiel die technische Umsetzbarkeit einer Idee sein, oder aber auch der fehlende Nutzen für den Kunden. Die entstandenen Prototypen wurden von allen Mitarbeitern des Unternehmens bewertet: Die Idee mit den meisten Stimmen wird zuerst umgesetzt. Dann die zweite, die dritte – bis das Budget oder die Zeit, die wir uns gegeben haben, aufgebraucht sind. Es gab Ideen für intelligente Suchfunktionen, neue datengetriebene Versicherungsmodelle, Zusammenarbeitsmodelle mit anderen Unternehmen und vieles mehr.

Der Innolab-Spirit schwappt in die Organisation

Schon im Innolab konnten wir für eine ganz neue Atmosphäre sorgen: Jeder, der dort arbeitet oder zu Besuch kommt, unterliegt der strengen Du-Regel (ein Meilenstein in der Kommunikation). Wir duzen jeden, vom Vorstand bis zur Putzfrau. Neue Möbel, Wände voll mit Post-its, Flipcharts mit Bikablo-Zeichnungen, keine festen Arbeitsplätze, Arbeit wird auf einem Board visualisiert. Alle Meetings sind öffentlich und können von jedem besucht werden. Wir haben viel mehr erreicht, als wir zu Beginn angestrebt haben, denn durch die Arbeit mit dem Innolab konnten wir das Mindset der Mitarbeiter innerhalb der Versicherung ändern. In großen Teilen des Unternehmens werden die Stimmen für agiles Arbeiten immer lauter. Der Vorstand führt mit seinen Führungskräften ein Daily. Großprojektleiter machen sich Gedanken darüber, wie sie ihr Projekt kleiner schneiden können, um schneller einen Wert zu erzeugen.

Damit dieser Geist immer wieder neue Nahrung bekommt und die Versicherung weiterhin den Fokus auf Innovationen und die Umsetzung von Ideen legt, wird das Innovation Lab nächstes Jahr weitergeführt. Wir haben aus den Erfahrungen dieses Jahres gelernt. Das bedeutet konkret, dass fünf Teammitglieder Vollzeit im Innolab arbeiten dürfen. Ebenso wurde aus dem Ideenwettbewerb ein durchgängiger iterativer Prozess: Ideen können jederzeit eingereicht werden und stehen nicht im Wettbewerb, sondern werden ausschließlich auf Kundennutzen und Umsetzbarkeit geprüft.
„Wird einer der Prototypen tatsächlich als Produkt umgesetzt?“, fragt ihr euch vielleicht. Bis jetzt gab es rund 80 Ideen, und ich kann euch verraten: Mindestens eine besonders gute Idee war dabei. Uns zeigt das, dass wir mit dem Innolab auf dem richtigen Weg sind und ich kann euch nur raten: Startet euer eigenes Innolab! Neue Arbeitsweisen führen zu neuen Ideen und die führen wiederum zu jenem Kulturwandel, den Unternehmen in Zeiten der Digitalisierung bitter nötig haben.

Welche Erfahrungen habt ihr mit Innolabs gemacht?

Geschrieben von

Dennis Bayer Dennis Bayer

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