Wie Verhaltensforschung helfen kann, um nachhaltiger zu wirtschaften

Die Industrie versucht seit Jahren, Produkte zu entwickeln, die es uns ermöglichen, mehr Energie zu sparen und das Klima weniger zu belasten. Mit mehr oder weniger großem Erfolg. Allgemein ist zwar eine positive Veränderung spürbar, aber dennoch brauchen wir immer neue Ressourcen. Autos brauchen noch immer viel Sprit, nur eben ein bisschen weniger. Elektronische Devices brauchen noch immer viel Strom, sie sind nur eben ein bisschen effizienter.

Klar ist, dass wir etwas verändern müssen. Doch vielleicht liegt die Lösung nicht nur darin, unsere Produkte inkrementell immer besser und nachhaltiger zu gestalten. Vielleicht müssen wir unseren Fokus allgemein viel stärker auf das Verhalten der Menschen legen, um ein ganzheitliches Umdenken auf beiden Seiten, jener der Produzenten und der Konsumenten zu begünstigen.

Menschliches Verhalten verstehen

Marketing-Profis wissen genau, worauf wir anspringen, wo Produkte platziert werden und wie sie uns ansprechen müssen. Die Beispiele sind vielfältig: die Artikel an der Supermarkt-Kasse, die zusätzlichen Versicherungsprodukte beim Buchen einer Reise oder Aktionen wie „Kaufe zwei, bekomme eines umsonst“. Supermärkte sind fast immer so gebaut, dass man einmal komplett durchlaufen muss, um an die Kasse zu gelangen.

Das Ziel des Marketings ist die ökonomische Steuerung des Konsumenten und der Produktpräsentation hinsichtlich der meistzahlenden Produkthersteller. Im Lauf der Zeit wurden Unmengen an Kapital in die Markt- sowie Verhaltensforschung investiert und Marketer entwickelten ein Instrumentarium an Maßnahmen und Methoden, um menschliches Verhalten zu steuern. Wenn einer weiß, wie wir Menschen beim Einkaufen denken und entscheiden, dann das Marketing. Wie man persönlich dazu steht, sei dahingestellt. Fest steht aber: Es handelt sich um wertvolles Wissen, das uns auch dabei helfen kann, ein nachhaltigeres Konsumverhalten anzustoßen.

Wie das in der Praxis aussehen kann

Es ist allgemein bekannt: Ein Fünftel der CO2-Emissionen kommt aus der Fleischherstellung. Dennoch fällt es vielen Menschen schwer, auf Fleisch zu verzichten. Also entwickeln wir Ersatzprodukte für Fleisch – in der Hoffnung, dass die Menschen das lecker finden und umsteigen. Gleichzeitig wissen wir aber ganz genau, dass Menschen bei verschiedenen Auswahlmöglichkeiten meist den „Standard “ bevorzugen, anstatt etwas Anderes zu wählen. Warum nutzen wir diese Erkenntnis nicht einfach, um es einfacher zu machen, sich für die nachhaltigere Variante zu entscheiden? Aber wie? Die einfachste Lösung wäre es, vermehrt vegetarische Gerichte anzubieten, dieses Angebot aber attraktiver zu gestalten. Im konkreten Fall könnte das folgendermaßen aussehen: Jeder, der einen Langstrecken-Flug bucht, kann sich das Essen an Board auswählen. Aktuell ist das Spezial-Menü meist ein vegetarisches Gericht, das Standard-Menü jedoch ein Fleisch-Gericht. Warum ändern wir nicht einfach die Reihenfolge und machen das vegetarische Gericht zum Standard-Gericht. Wenn wir es jetzt noch schaffen, dieses Gericht so lecker zu machen, dass die Menschen gerne auf das Fleisch-Gericht verzichten, haben wir schon etwas bewirkt.

Ein weiteres Beispiel: Ein Drogerie-Geschäft in Süddeutschland druckt einen Rabatt für den nächsten Einkauf auf den Kassenbon. Dieser Rabatt ist abhängig vom Gesamtwert des aktuellen Einkaufs. Man könnte in Zukunft die Gültigkeit des Rabatts explizit auf nachhaltige Produkte begrenzen und die Ersparnis dabei auch sichtbar machen. Wenn meine Kunden auf dem Kassenbon nachvollziehen können, welche Produkte vermehrt Rabatt bekommen und erkennen, dass sie für das nachhaltige Einkaufen belohnt werden, erzeuge ich als Unternehmen ein Bewusstsein bei meinen Kunden dafür, welche Produkte gut für die Umwelt sind. Wenn nun die Kundschaft dadurch eine erhöhte Nachfrage für diese Produkte erzeugt, können Hersteller dadurch einen Marktanreiz bekommen, mehr Produkte anzubieten, die auf die Nachhaltigkeitsthematik einzahlen. Eine Win-win-Situation für Umwelt, Kunde, Hersteller und Händler.

Oder nehmen wir Payback: Dieses Unternehmen verfügt über große Datenmengen zu Kunden und deren Kaufverhalten. Wäre es nicht eine Überlegung wert, die Kunden nachhaltig zu informieren? Mit Aussagen wie: „Wenn du Produkt x kaufst, sparst du y CO2 oder z Euro Strom pro Jahr.“ Oder: „Viele Kunden kaufen Produkt x und helfen dadurch, die Umwelt weniger zu belasten.“ Das würde dazu führen, dass die Kunden eine bewusstere Entscheidung treffen können und ihre Verhaltensweisen nachhaltig verändern.

Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir die Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung nutzen können, um das Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu stärken und auch ein nachhaltiges Handeln zu begünstigen. Dazu müssen wir nicht unbedingt immer gleich neue Produkte entwickeln, sondern die bestehenden aus einem neuen Produktwinkel betrachten.

Agilität kann dazu beitragen, Nachhaltigkeit im Umgang mit Menschen zu erzielen, sei es bei den Mitarbeitern, die als mündige und mitbestimmende Menschen behandelt werden. Oder dabei zu unterstützen, nachhaltige Geschäftsmodelle schnell zu verproben und eine Veränderung im Mindset der Unternehmen herbeizuführen. Denn eines ist klar: Wir müssen anfangen, Geschäftsmodelle zu entwickeln, die unseren Planeten nicht belasten, und Arbeitsumgebungen zu schaffen, in denen Menschen nicht ausgebeutet werden. Agilität kann dafür ein Treiber sein.

Lasst uns anfangen, unser Wissen zu nutzen, um eine nachhaltige Entwicklung schneller und effektiver voranzutreiben, ja erst in vollem Umfang zu ermöglichen. Wie könnt ihr im Unternehmen mit euren Produkten oder Dienstleistungen das Verhalten der Menschen ändern, um das nachhaltige Wirtschaften voranzutreiben? Wir sind gespannt und freuen uns über lebhafte Diskussionen.

Geschrieben von

Dennis Bayer Dennis Bayer

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