Meetup mit Timo Daum: Quo vadis, Agilität?

„Agilität ist der Taylorismus unserer Zeit“ – das ist die Kernthese des Buches „Agiler Kapitalismus – Das Leben als Projekt“. Als Agilist der ersten Stunde für mich eine Pflichtlektüre! Dann die Überraschung beim Lesen: Es gab zwar kaum ein Kapitel, bei dem ich nicht den Kopf geschüttelt habe – gleichzeitig musste ich aber eingestehen: Autor Timo Daum hat mit vielen seiner Beobachtungen recht. Fasziniert von diesen Einblicken und gleichzeitig Antworten auf brennende Fragen suchend lud ich Herrn Daum zu einem konstruktiven Streitgespräch ein.   

Zunächst waren wir uns einig: Das Agile Manifest, in dem vor rund zwei Jahrzehnten 17 unzufriedene Softwareentwickler für mehr Mitbestimmung des Einzelnen plädierten, ist revolutionär. Diese Erfolgsgeschichte will Timo Daum per se nicht infrage stellen. Doch die Konsequenzen, die 20 Jahre später damit einhergehen, seien verheerend: Die Umstellung des Taylorismus auf eine agile Arbeitswelt sei keine Befreiung, sondern eine neue Herrschaft. So seien Kontrolle von außen und damit das Mikromanagement zwar schon vielerorts abgeschafft, was einem großen Fortschritt gleichkomme – allerdings führe Agilität vermehrt zur Selbstkontrolle, die viel effektiver sei und damit Raubbau an den Menschen betreibe und das letzte Stückchen Kreativität aus ihnen herausziehe.

Das ist ganz schön starker Tobak in meinen Ohren, denn für mich war – seitdem ich das erste Mal mit Agilität in Berührung kam – klar: Das wird der Befreiungsschlag für die bis dato streng hierarchisch geprägte Arbeitswelt. Der Mensch im Mittelpunkt allen Handelns führt in meiner Wahrnehmung zu Vorteilen für den Einzelnen UND für Unternehmen. Der Wissensarbeiter wird dabei zum eigenen Kapital. Mitarbeitende wandeln sich zu Teilhabern der Organisationen und damit zu Unternehmerinnen und Unternehmern. Timo Daum hingegen meint: Durch das Abschieben der Management-Aufgaben auf jeden Einzelnen wird auch die Wissensarbeit versklavt.

Sie sind neugierig geworden?

Wenn Sie wissen wollen, welches die größte Erfindung Taylors war, warum aus Timo Daums Sicht die Zeit für Agilität erst im 20. Jahrhundert reif war und welche Lösungsansätze wir diskutiert haben, haben wir hier die Aufzeichnung unseres Meetups für Sie. Wir freuen uns über Kommentare und Fragen!

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Boris Gloger Boris Gloger Boris Gloger zählt als erster Certified Scrum Trainer weltweit zu den Scrum-Pionieren und ist ein Vordenker für neue Arbeitsformen. Er glaubt nicht nur an Scrum, weil es bessere Produkte in kürzerer Zeit hervorbringt, sondern auch, weil es den Arbeitsplatz in einen humaneren Ort verwandeln kann. Boris ist Unternehmensberater, Autor, Serial Entrepreneur und Keynote Speaker und zählt weltweit zu den Pionieren von Scrum und Agilität. Für ihn war „Agile“ immer mehr als reine Methodik: Als einer der Ersten hat er erkannt, dass in agilen Denk- und Arbeitsweisen die Kraft steckt, Organisationen von Grund auf neu auszurichten und dadurch fit für das 21. Jahrhundert zu machen. An seinen Ideen zu einem modernen, agilen Management orientieren sich heute viele nationale und internationale Unternehmen. Als Vater zweier Kinder hat Boris ein starkes Bedürfnis, in der Gesellschaft etwas positiv zu verändern. Deshalb engagiert er sich u. a. für eine radikale Umkehr des derzeitigen Bildungssystems, wie etwa mit dem erfolgreichen Pilotprojekt Scrum4Schools. Er ist fest davon überzeugt, dass Selbstorganisation und das Prinzip der Freiwilligkeit die besten Wege sind, um Ziele zu erreichen und ein eigenständiges Leben zu führen.

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