Meetings: Haben Sie noch Zeit zu arbeiten?

Ein Blick in die Tagesplanung und es wird klar: Heute wird ein anstrengender Tag. Ein Meeting reiht sich an das nächste – dass die Mittagspause nicht auch noch belegt ist, ist ein Wunder! Der Frust ist natürlich groß, denn die Themen, die schon seit Tagen liegen geblieben sind, werden also auch heute nicht fertig. Ein voller Terminkalender ist zum Statussymbol geworden. Ein Zeichen der persönlichen Wichtigkeit, er gibt das Gefühl, unersetzbar zu sein. Selbst, wenn die Zeit im Meeting nur abgesessen wird: Die pure Anwesenheit zählt.
Hier ein kleines Gedankenexperiment: Was wäre, wenn im Kalender wirklich nur noch jene Termine mit der höchsten Priorität stünden? Diejenigen, zu denen etwas beigetragen werden kann und die einen Mehrwert für die eigene Arbeit darstellen? Auf einmal ist da Zeit, ein kahler Fleck im Kalender. Platz, um an eigenen Ideen zu arbeiten, zu reflektieren, vorzubereiten, nachzubereiten, sich fortzubilden, Kollegen zu unterstützen, sich auszutauschen. Und das Beste daran ist, dass alle diese Tätigkeiten viel unkomplizierter umzuplanen sind als fixe Meetings mit vielen Teilnehmern.

Das Prinzip der Freiwilligkeit

Probieren Sie es doch mal mit dem Prinzip der Freiwilligkeit. Jeder kann für sich entscheiden, ob er oder sie an einem Meeting teilnehmen möchte oder nicht. Das heißt auch: Die bloße Einladung zu einem Meeting ist noch keine Verpflichtung – der oder die Eingeladene entscheidet selbst, ob er oder sie die Einladung annehmen möchte. Dazu muss sich jeder selbst die Frage stellen: „Welchen Beitrag kann ich in diesem Meeting leisten und kann ich überhaupt einen Beitrag leisten?“ Das Prinzip der Freiwilligkeit setzt also die Fähigkeit zur Selbstorganisation und zum Treffen von selbstständigen Entscheidungen voraus – die auch mit aller Konsequenz getragen werden. So ist von Anfang an sichergestellt, dass das Meeting effizient sein wird: Es sitzen nämlich genau jene Menschen gemeinsam an einem Tisch, die motiviert sind und etwas zum Thema beitragen können. Die Produktivität während des Meetings selbst lässt sich noch einmal steigern, wenn gewisse Regeln eingehalten werden:

  1. Elektronische Geräte werden zugeklappt und stumm geschaltet. Die volle Aufmerksamkeit richtet sich auf das momentane Geschehen.
  2. Timeboxing verhindert, dass die anberaumte Meetingdauer zu sehr überzogen wird. Die goldene Regel lautet: Die Zeit ist fest, der Umfang ist variabel. Um dieses Prinzip einhalten zu können, ist eines essentiell: Pünktlichkeit.
  3. Nachhaltige Dokumentation: Entscheidungen, Aufgaben und Commitments müssen schriftlich fixiert werden. Sinnvoll ist es, immer einen der Anwesenden das Protokoll schreiben zu lassen – die anderen können sich darauf verlassen, alles Wichtige im Nachgang noch einmal nachlesen zu können.
  4. Raum für konstruktive Diskussion muss zeitlich unbedingt berücksichtigt werden. Ein Meeting dient maßgeblich dem Austausch untereinander!
  5. Vorbereitung auf beiden Seiten ist verpflichtend. Der Einladende sollte eine Agenda erstellen, damit den Teilnehmenden klar ist, was im Meeting besprochen wird und sie besser abschätzen können, ob sie einen Beitrag leisten können. Die Teilnehmer müssen sich ebenfalls vorbereiten. Nur dann können sie gezielt und produktiv an den geplanten Punkten arbeiten und fundierte Entscheidungen treffen.
  6. Wertschätzender Umgang, Respekt und Offenheit. Eigentlich Grundlage jeglicher Zusammenarbeit, auch außerhalb der Meetings.

Die eigenen Ressourcen kennen

Wichtig ist, sich selbst realistisch einschätzen zu können. Welcher Arbeitstyp bin ich? Wie viel Zeit zum Reflektieren brauche ich? Arbeite ich produktiver am Morgen oder am Nachmittag? Wenn die Aufgaben und Meetings laufend die eigenen Kapazitäten überschreiten, wächst der Berg an unfertigen Themen stetig an. Dazu ist es nötig, Nein sagen zu können – freundlich, aber bestimmt.

Commitments geben – Commitments einhalten

Grundsätzlich gilt: Ein Commitment wird eingehalten. Die Entscheidung, Commitment zu geben, sollte also gut durchdacht sein und nicht vorschnell getroffen werden. Immer sollte auch im Hinterkopf behalten werden: Es kann etwas Unvorhersehbares dazwischenkommen, auf das reagiert werden muss – das beeinflusst die Taktung der Aufgaben. Kollegen wissen dadurch, dass sie sich verlassen können und ein offenes und transparentes Verhältnis untereinander wird unterstützt.
Ein leerer Kalender bedeutet nicht, dass man nicht arbeitet – diese Tatsache muss in vielen Organisationen erst noch akzeptiert werden. Der Nutzen ist sonnenklar: Unverplante Zeit lässt Raum für Flexibilität und für die Möglichkeit, spontan auf Geschehnisse zu reagieren, ohne damit gleich den gesamten Plan des Tages oder gar der Woche zu sprengen. Auf einmal ist es möglich, Gelegenheiten wahrzunehmen – denn man hat wieder Zeit zu arbeiten.

Foto: CC0 Creative Commons, pixabay – geralt

Geschrieben von

Jessica Thomas Jessica Thomas

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