"Agile - What?" oder doch besser Why?

Ende August hatte ich die tolle Gelegenheit, bei einem Netzwerktreffen studentischer Unternehmensberater an der Technischen Hochschule Ingolstadt mehrere Workshops zu gestalten. Die Überschrift lautete zwar „Agile – What?“, doch die Jung-BeraterInnen merkten schnell, dass es mehr um das „Why“ als um das „What“ geht.Denn warum machen wir das, diese Agilität? Wie die meisten nach ihrer ersten agilen Schulung wissen, ist Agilität mehr als ein Rahmenwerk. Zwar ist die Methodik die Basis, doch die funktioniert nur, wenn die formulierten Werte und Prinzipien gelebt werden. Oft fallen dann in Schulungen und Workshops Sätze wie: „Das ist mir ein bisschen zu esoterisch!“ oder „Ich brauche etwas, das einfach funktioniert!“ Um heute und in Zukunft zu überleben, brauchen Unternehmen Ideen, die zügig umgesetzt werden können. Doch es ist kein rationaler Prozess: Ideen können nicht wie am Fließband produziert werden, sondern entstehen oder eben nicht. Intuition ist daher jene Stärke, die mehr denn je benötigt wird. Wir merken, dass das Bauchgefühl eine große Rolle spielt.Neben dieser menschlichen Komponente gibt es aber eine weit rationalere, systemische Komponente, die uns zeigt, warum man es mit der Agilität versuchen sollte.

Schöner scheitern - fail fast

William Ross Ashby formulierte schon in den 1950er-Jahren das nach ihm benannte Gesetz der erforderlichen Varietät. Dieses Gesetz besagt: Je größer die Varietät eines Systems ist, desto mehr kann es die Varietät seiner Umwelt durch Steuerung vermindern. Oder mit den Worten von Prof. Peter Kruse (siehe dieses Video): „[…] wo immer wir ein hochkomplexes dynamisches Problemsystem haben, brauchen wir im Minimum ein so komplexes dynamisches Lösungssystem. Doch von alleine besitzt ein Unternehmen nicht dieselbe dynamische Komplexität, wie die ihres Umfelds. Was es dazu braucht, ist eine Kultur, in welcher die Menschen die Möglichkeit erhalten, Dinge auch einfach mal auszuprobieren, um damit wirklich kreativ zu sein.“„Fail fast“ sollte also das Motto sein. Ein Zustand, der gerade in Großunternehmen eher fern zu sein scheint. Fehler werden in einer hierarchischen Organisation direkt sanktioniert und Kreativität hat hier mehr mit dem „Tanz aus der Reihe“ zu tun. Ein möglicher Weg, den viele große Unternehmen wählen, ist die Veränderung der Kultur durch ein Change-Programm.

Das Kulturveränderungsprojekt – kann man Kultur wirklich entwickeln?

Ja, kann man, aber wie Professor Kruse schon sagte: Kultur ist eine indirekte Variable. Kultur ist leider keine Projektarbeit. Es können nur Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen sich die Muster einer Kultur in irgendeine Richtung entwickeln. Welche Richtung die Kultur einschlägt, ist dabei nicht vorhersehbar.Diese Aussage bietet gerade den agilen Frameworks eine Steilvorlage. Denn Agilität bedeutet nicht mehr als flexibel, proaktiv, antizipativ, aber vor allem initiativ zu agieren, um notwendige Veränderungen anzustoßen. Agile Frameworks wie Scrum bieten die Möglichkeit, in regelmäßigen Abständen komplett neu auf diese Welt zu blicken, um womöglich eine völlig neue Richtung zu gehen.

Ein Beispiel: Die Entwicklung des Space Shuttles

1982: Das Space Shuttle der NASA wird fertiggestellt. Interessant im Kontext agiler Produktentwicklung ist dabei der Umstand, dass die Entwicklung über zwei Jahrzehnte gedauert hat und das Space Shuttle teilweise auf IT-Systemen aus den 1960ern aufbaute. Dieser sicherlich extreme, zeitliche und technologische Abstand zwischen dem Stellen der Anforderung und der Lieferung kann als Beispiel für ein Problem angesehen werden, das in den 1990ern mit Beginn der PC-Ära als sogenannte „application development crisis“ oder „application delivery lag“ bzw. als Software-Krise bekannt wurde. Mit der Verbreitung des PC änderten sich die Geschäftsmodelle immer rascher. Bei Entwicklungszeiten von mehreren Jahren konnte es daher passieren, dass die Lösung bei Fertigstellung veraltet war. Ein Projekt kann so als gescheitert betrachtet werden, selbst wenn die anfänglich festgelegten Anforderungen geliefert und der Budgetrahmen eingehalten werden.

Agilität ist Hinterfragen des Sinns

Neben dem Warum für Agilität soll es sie daran erinnern, ständig die Sinnhaftigkeit der zu leistenden Arbeit zu hinterfragen. Denn Agilität entsteht durch den Blick auf das Wesentliche, durch Achtsamkeit dem eigenen Tun gegenüber. Das Ausrichten des eigenen Handelns auf den größtmöglichen Wert. Das kontinuierliche Liefern eines für sich allein stehen könnenden Teilprodukts. Mit iterativen, reflexiven Abläufen schafft es Agilität, das Erreichte zu hinterfragen und die Wertschöpfung immer wieder auf das Wesentliche auszurichten. Ist das einfach? Nein. Aber dafür ist es ziemlich spannend und man schafft Wert! Vielen Dank an die TeilnehmerInnen, ich hatte sehr viel Spaß daran, mit euch die Themen zu erarbeiten! Ich wünsche euch viel Erfolg bei euren nächsten Projekten.Der Bundesverband Deutscher Studentischer Unternehmensberatungen (BDSU) engagiert sich seit mehr als 25 Jahren als Dachverband und starker Netzwerkpartner für die führenden Junior Enterprises in Deutschland. An der Technischen Hochschule Ingolstadt wurde 2010 consult.IN gegründet, das inzwischen zu den zehn besten studentischen Unternehmensberatungen in Deutschland gehört. Über 70 hochmotivierte Studenten und Studentinnen sammeln hier während des Studiums Projekterfahrung für den Einstieg in die Berufswelt.Foto: CC0 Creative Commons - pixabay, NASA-Imagery

Change
Agiles Lernen
Marcel Rößner
October 17, 2018

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