Kein Corona-Effekt für unseren Rohstoffverbrauch

Seit vier Jahren beobachte ich, wie sich der Erderschöpfungstag (Earth Overshoot Day) entwickelt. Genauso lange bange ich, ob sich endlich etwas zum Positiven verändert. Denn an diesem Tag sind alle Ressourcen, die sich in einem Jahr erneuern können, verbraucht. In Deutschland war er bereits am 5. Mai, in den beiden Vorjahren 2020 und 2019 jeweils am 03. Mai. Dabei hatte ich mit Start des Lockdowns im März 2020 Hoffnung: Der Straßen- und Flugverkehr wurde quasi über Nacht eingestellt und sollte so den CO2-Ausstoß innerhalb weniger Monate massiv vermindern. Laut einer Analyse der agora-Energiewende könnte dieser „Corona-Effekt“ in 2020 sogar rund 30 bis 100 Millionen Tonnen CO2-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr eingespart haben. Soweit die Annahme hinsichtlich weniger Verkehr und Energiebedarf. Das Paradoxe ist leider: Unser Lebensstil auf Kosten der Erde hat während der Krise anscheinend nicht „pausiert“.

Das führte mich zu der Frage: Wie viele Ressourcen verbrauchen wir wirklich und wie können wir diese reduzieren?

Circularity Gap: Ein anderer Umgang mit Rohstoffen ist dringend nötig

Ich wollte es verstehen und habe nachgeforscht: Laut einer Studie der ifeu (Institut für Energie- und Umweltforschung) von April 2021, werden jährlich in Deutschland rund eine Milliarde Tonnen Primärrohstoffe abgebaut und weitere 0,7 Milliarden Tonnen Rohstoffe, Halb- und Fertigwaren importiert. Abzüglich der Exporte von 0,4 Milliarden verbrauchen wir in Deutschland somit etwa 1,3 Milliarden Tonnen Rohstoffe. Dies entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von 16 Tonnen pro Jahr. Nur ein kleiner Teil dieser Rohstoffe wird recycelt – aktuell etwa 12 Prozent. Und nur ein Teil davon kann überhaupt recycelt werden (geschätzt höchstens 22 Prozent).

Ein Grund dafür ist, dass in der Weltwirtschaft noch immer lineare Wirtschaftsmodelle überwiegen. So stellt der Circularity Gap Report 2019 fest, dass die Weltwirtschaft nur zu neun Prozent zirkulär ist. Konkret heißt das also, dass nur 9 Prozent der 92,8 Milliarden Tonnen Mineralien, fossilen Brennstoffe, Metalle und Biomasse, die in die Wirtschaft gelangen, jährlich wiederverwendet werden!

Recycling hat also wie beschrieben seine Grenzen, aber es gäbe noch so viele andere Wege, diese Zahl zu erhöhen: Noch mehr auf Mehrweg statt auf Einweg achten, reparieren statt wegwerfen. Aus Abfällen Rohstoffe wiederverwerten, einen neuen Verwendungszweck oder ein “zweites Leben” für Rohstoffe erfinden. In einem Wort: Kreislaufwirtschaft. Denn im Gegensatz zu linearen Wirtschaftsmodellen zeichnen sich zirkuläre (oder Kreislauf-)Modelle dadurch aus, Produkte langlebig und reparierbar zu gestalten und Abfälle als Material für neue Güter zu benutzen. Dadurch könnten Materialkreisläufe geschlossen und weniger Primärrohstoffe der Natur entnommen werden – ein Ansatz mit viel Potenzial.

Kreislaufwirtschaft bringt neue Chancen mit sich

Ein paar Skeptiker wollen uns warnen, dass Klimaschutz bzw. Nachhaltigkeit den Wirtschaftserfolg von Unternehmen bremsen würden. Doch aus meiner Sicht ist sie ein Schlüssel, um sowohl den Herausforderungen der Gegenwart als auch der Zukunft zu begegnen: Zahlreiche Verbraucherstudien belegen, dass Nachhaltigkeit bereits zu einem Wirtschaftsfaktor geworden ist. Konsumentinnen und Konsumenten wünschen sich vermehrt umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen. Dazu zeigen immer mehr Best Cases aus Unternehmen, dass nachhaltigere Wirtschaftsansätze hoch profitabel sein können. Nachhaltige Designkonzepte und Produktinnovationen haben also reale ökonomische Potentiale.

Ohne gleich einen Cradle-to-Cradle Ansatz auszuwählen, der auf eine durchgängige Kreislaufwirtschaft setzt (Produkte, die von Anfang bis zum Ende des Lebenszyklus komplett in geschlossenen Kreisläufen produziert und benutzt werden), bieten sich punktuelle Veränderungen an – etwa in der Gestaltung der Produktion, der Auswahl von Materialien, in der Lieferkette, der Energieversorgung oder sogar in neuen Logistiklösungen wie (horizontalen) Kollaborationen. So könnten sich Unternehmen beispielsweise die Transportinfrastruktur und Distributionslager teilen. Die Folge: Produktions- oder Abfallentsorgungskosten werden reduziert und im Idealfall sogar neue Geschäftsfelder erschlossen, die wiederum den Umsatz steigern. Beispiele und Case Studies dazu findet ihr u .a. bei den Unternehmen Caterpillar, Huadu, CoreCentrics oder HP Brazil. Sehr inspirierend ist auch die Ellen MacArthur Foundation.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei LinkedIn.

Nachhaltigkeit
Helene Valadon
May 20, 2021

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