Umgang mit Fehlern & Diversität – Erfolgreiche agile Teams #2

Aus der praktischen Arbeit mit unzähligen Teams haben wir sieben Verhaltensweisen für erfolgreiche agile Teamarbeit abgeleitet. Im zweiten Teil unserer Blogreihe setzen wir uns mit Fehlerkultur und Diversität auseinander.

1. Das Team nutzt Fehler zum Lernen

Fehler sind ein wichtiger Teil des Lernprozesses: Wenn wir Fehler machen und danach eine geeignete Lösung für ein Problem finden, behalten wir Informationen besser (Roediger & Finn) und finden kreativere Lösungen (Edmondson).

Ein agiles Team nutzt die Fehler, die es macht, um daraus zu lernen: Wenn am Ende eines Sprints nur die Hälfte der ursprünglich committeten User Storys fertig sind, ist dies Einladung und Ansporn zugleich, es im nächsten Sprint besser zu machen. Deshalb analysiert das Team gemeinsam die Ursachen eines Fehlers und überlegt Lösungen, um ihn in Zukunft zu vermeiden. Üblicherweise erfolgt dies in der Sprint Retrospektive.

Hinter dieser Herangehensweise steckt das Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung (siehe dazu auch diesen Blog-Eintrag zur Retrospektive). Das heißt, da Teams in der agilen Arbeitsweise inkrementell und iterativ arbeiten, müssen sie Fehler machen, um zu lernen und sich kontinuierlich zu verbessern. Gerade zu Beginn von Projekten beobachten wir genau das immer wieder:

Die Teams probieren sich aus, scheitern, ziehen daraus in der Retrospektive Schlüsse, leiten konkrete Maßnahmen ab und verbessern so ihre Zusammenarbeit.

Wenn ihr tatsächlich anders arbeiten möchtet, bleibt euch letztlich gar nichts anderes übrig, als mutig Neues auszuprobieren und dabei Fehler zu machen. Schon Kinder zeigen uns das, wenn sie z.B. Fahrrad fahren lernen. Sie fahren mutig drauf los, stürzen das ein oder andere Mal, passen ihre Herangehensweise an und beherrschen irgendwann das Fahrrad. Am besten lässt sich die Haltung der kontinuierlichen Verbesserung durch regelmäßig stattfindende Meetings, wie eben Retrospektiven, herstellen.

2. Das Team schätzt Diversität und unterschiedliche Perspektiven

Von einer homogenen in eine heterogene Gruppe zu wechseln, ist zu Beginn möglicherweise anstrengender, wenn sich etwa Entwickler mit der Meinung von Business-Experten, Vertriebsmitarbeitern und Testern auseinandersetzen müssen. Vielfalt fördert aber nicht nur die Kreativität (Mayer, Warr & Zhao), sondern auch die Teamperformance (Diegmann & Rosenkranz). Genau diese Vorteile machen sich crossfunktionale Teams zunutze. Am Ende des Aushandlungsprozesses entsteht für so ein Team ein deutlicher Mehrwert. Denn die gemeinsame Lösung bildet den Ende-zu-Ende-Prozess ab, und das Team behält den Gesamtüberblick.

Crossfunktionale Teams überwinden Silos, teilen ihr Wissen und blicken über den Tellerrand.

Ein weiterer Vorteil eines crossfunktionalen Teams ist seine hohe Geschwindigkeit. Da alle am Produkt beteiligten Experten ihre Sichtweise einbringen können, werden auch Themen und Aspekte berücksichtigt, die sonst erst am Ende auftauchen. Ein Beispiel aus unserer Praxis: Ein Team tüftelte wochenlang an einer Lösung für das Gehäuse einer Kamera. Erst als es fertig war, fiel einem der Produktentwickler auf, dass die Öffnung für den Sensor zu klein war. Sie hatten vergessen, die Kollegen von der Sensor-Abteilung einzubinden.

Praxistipp für ScrumMaster: gemeinsam Wertebasis fördern

Ihr und euer Team solltet euch nicht entmutigen lassen, wenn anfangs zäh diskutiert wird und viele Rückfragen kommen (z.B. zu einzelnen Begriffen). Das gemeinsame Aushandeln funktioniert am besten, wenn die Teammitglieder die gleiche Wertebasis haben und darauf vertrauen, dass die Einwände der anderen nicht als Angriff gegen sie, sondern, im Gegenteil, eine Bereicherung sein können.

Eine solche Kultur entwickelt sich meistens im Laufe der Zusammenarbeit. Ihr könnt sie auch von Beginn an fördern, indem ihr anregt, gemeinsam Werte zu vereinbaren, hinter denen alle stehen. Zum Start bieten sich die fünf Scrum-Werte an. Schreibt jeweils einen Wert auf ein Flipchart-Plakat und arbeitet gemeinsam heraus, was der einzelne Wert für die Teammitglieder bedeutet. Die fertigen Plakate hängt ihr im Teamraum auf. So können alle in Meeting-Situationen, in denen ihrer Meinung nach ein Wert verletzt wurde, darauf verweisen und so eine Diskussion darüber anregen.

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Die Blogreihe: “Erfolgreiche agile Teams”

In insgesamt fünf Beiträgen stellen wir euch die sieben Verhaltensweisen erfolgreicher agiler Teams vor. Dabei gehen wir auf die dahinter liegenden Prinzipien ein und geben Tipps, wie ihr diese Verhaltensweisen in Teams fördern könnt. Für Teams, die das agile Zusammenarbeiten erlernen möchten, empfehlen wir die Inhouse Trainings Agile Team Member (mit Zertifizierung) oder Agile Intro.

#1 – Doing vs. Being Agile 

#2 – Umgang mit Fehlern und Diversität

#3 – Freude bei der Arbeit & Sustainable Pace

#4 – Anpassungsfähigkeit & schonungslose Offenheit

#5 – Freiwilliges Teilen von Wissen

Geschrieben in Zusammenarbeit mit Carsten Rasche.

Originalartikel erschienen im ProjektMagazin – verwendet mit freundlicher Genehmigung.

Bild: Pexels License, Pixabay

Geschrieben von

Moritz Müller Moritz Müller Für Moritz Müller ist Agile das erste Konzept, in dem das Lernen aus Fehlern nicht nur eine leere Worthülse ist, sondern tatsächlich eminenter Bestandteil. Er ist der Ansicht, dass eigentlich alle Menschen nach diesem Ansatz arbeiten sollten – gemeinsam im Team unter Berücksichtigung der individuellen Fähigkeiten, eigenverantwortlich und selbstorganisiert. Seinen Schwerpunkt als Consultant sieht er daher auch im Empowerment der Mitarbeitenden und Kunden. Moritz hat Freude daran, Menschen zu befähigen, sich weiterzuentwickeln. Sein besonderes Interesse gilt dabei der öffentlichen Verwaltung, in der er großes Potenzial für die Einführung von agilen Methoden sieht. Der Veränderung begegnet er selbst zunächst zurückhaltend, weil er sich gerne erst einen Überblick verschafft. Durch diese reflektierte Herangehensweise gelingt es ihm, sich und seine Umgebung auf das vorzubereiten, was kommt.

Teammitgliedsprofil

Carsten Rasche Carsten Rasche Seine ersten Erfahrungen mit userzentrierter Produktentwicklung, mit Scrum und Agile hat Carsten Rasche direkt im Silicon Valley gesammelt. Den Arbeitspsychologen fasziniert natürlich, wie sich die konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kund:innen auf die interne Organisation eines Unternehmens auswirkt. Im Zuge von Transformationsprojekten liegt seine Expertise im Bereich Organizational Learning & Coaching von Führungsteams. Neben Kundenprojekten hat Carsten die Initiative Scrum4Schools aufgebaut, welche die Anwendung von Scrum in Bildungseinrichtungen unterstützt. Als ausgebildeter Mediator bringt Carsten Rasche die Fähigkeit ein, in angespannten und komplexen Situationen die Ruhe zu bewahren, nüchtern zu analysieren und dadurch größere Klarheit zu schaffen. Wichtig ist ihm dabei, offen und wertschätzend auf Menschen zuzugehen und eine tragfähige Vertrauensbasis zu schaffen.

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