Anpassungsfähigkeit & schonungslose Offenheit – Erfolgreiche agile Teams #4

Agile Teams sind anpassungsfähiger und entwickeln sich weiter, indem sie Wert auf Transparenz bis hin zur schonungslosen Offenheit legen. Heute geht es um diese zwei typischen Verhaltensweisen, die Teams mit einem agilen Mindset an den Tag legen. In den vorhergehenden Teilen unserer fünfteiligen Blogreihe haben wir bereits über (1) Fehlerkultur und (2) Diversität gesprochen sowie über Teams, (3) die Freude an ihrer Arbeit haben und dabei (4) ein nachhaltiges Arbeitstempo an den Tag legen.

5. Die Teammitglieder passen sich schnell an Veränderungen an und unterstützen sich dabei

Auf jede Veränderung – wenn z.B. Mitglieder zum Team hinzukommen oder es verlassen – folgt im ersten Schritt eine Phase der individuellen Anpassung. Mitglieder agiler Teams, die offener für Veränderungen sind und sich schneller an eine neue Situation anpassen können, unterstützen die anderen Teammitglieder dabei, diese Phase schneller zu durchlaufen (LePine). Diese Unterstützung zeichnet sich idealerweise durch offenes und respektvolles Feedback aus und ist Teil der Reflexionskultur.

Regelmäßige Reflexion ist eines der agilen Prinzipien und findet laufend statt bzw. spätestens bei Retrospektive und Review, also den Feedback-Meetings zum Prozess bzw. zum Produkt. Diese Feedbackschleifen sind elementar wichtig für ein iterativ-inkrementelles Vorgehen, wie es für agile Methoden typisch ist.

Anfangs fällt es den Teammitgliedern oft schwer, sich gegenseitig Feedback zu geben oder sich das Feedback des Users zu holen – auch das ist ein Lernprozess!

Bei den Teams, bei denen wir diese Feedbackschleifen erfolgreich implementiert haben, konnten wir eine stetige Verbesserung in der Zusammenarbeit und eine stärkere Ausrichtung am User erkennen. (Mehr über Feedback erfahrt ihr in dieser Blogreihe.)

6. Es herrschen schonungslose Transparenz und Offenheit

Besonders in Erinnerung blieb uns eine Situation mit einem Team, dass sichtlich schon länger unzufrieden war. Es schien darauf zu warten, dass „jemand“ – also die Führungskraft beziehungsweise wir als ScrumMaster – das Problem ansprechen würde oder noch besser durch ein Machtwort lösen. Stattdessen vertrauten wir aber darauf, dass das Team das Thema selbstorganisiert lösen würde. Bei einer Retro fasste sich eine Kollegin endlich ein Herz. Sie sprach respektvoll an, dass ein Teammitglied nur selten eine Aufgabe übernahm, ewig daran arbeitete und immer auf Abhängigkeiten verwies. Daraufhin brachen alle Dämme und fast jedes Teammitglied sagte, wo es seiner Meinung nach in der gemeinsamen Arbeit hakte. Die Kollegin hatte durch ihren Mut allen gezeigt, dass Offenheit nicht bestraft wird, sondern sich dadurch die Zusammenarbeit verbessern kann. Die Themen waren endlich auf dem Tisch und wir konnten sie angehen, sodass etwa der Kollege Unterstützung bei der Bearbeitung seiner Aufgaben bekam.

Transparenz und Offenheit sind die grundlegende Voraussetzung für unser Motto Inspect & Adapt, das auf dem Deming-Cycle fußt. Der Deming-Cycle, auch bekannt als PDCA-Zyklus, ist praktisch jedem agilen Ansatz inhärent, er beschreibt den Vierklang aus Planung (Plan), Ausführung (Do), Feedback sammeln (Check), Feedback anwenden und das Vorgehen anpassen (Adjust).

Indem sie schonungslose Transparenz und Offenheit pflegen, streben Menschen mit einem agilen Mindset eine kontinuierliche Weiterentwicklung an.

Dazu gehört es zum Beispiel, im Daily Standup offen anzusprechen, wo es Probleme bei der Bearbeitung einer Aufgabe gibt. Damit die einzelnen Teammitglieder sich sicher fühlen, muss die Übereinkunft vorherrschen, dass sie alle Themen auf den Tisch bringen können. Diese Transparenz und Offenheit herzustellen, bedarf großer Anstrengung und geht mitunter mit Rückschlägen einher, denn die Teammitglieder und auch Führungskräfte müssen erst die Grenzen der einzelnen Individuen kennenlernen. Aber nur wenn das Team gelernt hat, dass es in Ordnung ist, offen miteinander umzugehen, können die Teammitglieder sich verbessern.

Die Blogreihe: “Erfolgreiche agile Teams”

#1 – Doing vs. Being Agile 

#2 – Umgang mit Fehlern und Diversität

#3 – Freude bei der Arbeit & Sustainable Pace

#4 – Anpassungsfähigkeit & schonungslose Offenheit

#5 – Freiwilliges Teilen von Wissen

Geschrieben in Zusammenarbeit mit Carsten Rasche.

Originalartikel erschienen im ProjektMagazin – verwendet mit freundlicher Genehmigung.

Bild: Pexels License, Christina Morillo

Geschrieben von

Moritz Müller Moritz Müller Für Moritz Müller ist Agile das erste Konzept, in dem das Lernen aus Fehlern nicht nur eine leere Worthülse ist, sondern tatsächlich eminenter Bestandteil. Er ist der Ansicht, dass eigentlich alle Menschen nach diesem Ansatz arbeiten sollten – gemeinsam im Team unter Berücksichtigung der individuellen Fähigkeiten, eigenverantwortlich und selbstorganisiert. Seinen Schwerpunkt als Consultant sieht er daher auch im Empowerment der Mitarbeitenden und Kunden. Moritz hat Freude daran, Menschen zu befähigen, sich weiterzuentwickeln. Sein besonderes Interesse gilt dabei der öffentlichen Verwaltung, in der er großes Potenzial für die Einführung von agilen Methoden sieht. Der Veränderung begegnet er selbst zunächst zurückhaltend, weil er sich gerne erst einen Überblick verschafft. Durch diese reflektierte Herangehensweise gelingt es ihm, sich und seine Umgebung auf das vorzubereiten, was kommt.

Teammitgliedsprofil

Carsten Rasche Carsten Rasche Seine ersten Erfahrungen mit userzentrierter Produktentwicklung, mit Scrum und Agile hat Carsten Rasche direkt im Silicon Valley gesammelt. Den Arbeitspsychologen fasziniert natürlich, wie sich die konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kund:innen auf die interne Organisation eines Unternehmens auswirkt. Im Zuge von Transformationsprojekten liegt seine Expertise im Bereich Organizational Learning & Coaching von Führungsteams. Neben Kundenprojekten hat Carsten die Initiative Scrum4Schools aufgebaut, welche die Anwendung von Scrum in Bildungseinrichtungen unterstützt. Als ausgebildeter Mediator bringt Carsten Rasche die Fähigkeit ein, in angespannten und komplexen Situationen die Ruhe zu bewahren, nüchtern zu analysieren und dadurch größere Klarheit zu schaffen. Wichtig ist ihm dabei, offen und wertschätzend auf Menschen zuzugehen und eine tragfähige Vertrauensbasis zu schaffen.

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