Die Autobranche muss agil werden – Mobilität digital denken #1

In der Vergangenheit genügte es, dass sich die Fahrzeughersteller auf die Hardware, das Fahrzeug konzentrierten. Zurecht! Die Elektromobilität zeigt uns, dass Verbesserungspotenziale noch nicht ausgeschöpft sind. Jedoch hat die Digitalisierung Kundenwünsche geweckt, die nicht durch die reine Nutzung des Autos für die Reise von A nach B abgedeckt werden können. Vor allem deutsche Automobilhersteller stehen nun vor der Herausforderung, ihren Premiumanspruch in die digitale Welt zu übersetzen und Produkte in der Geschwindigkeit der digitalen Welt zu liefern. Das kann z.B. bedeuten, dass Updates der Software- bzw. Infotainment-Systeme „over the air“ zum Standard wird oder dass der Kunde durch eine durchgängige User Experience überzeugt wird. Das gelingt nicht, wenn die Software-Entwicklung in einer abgekapselten Einheit stattfindet. Deshalb muss die Autobranche agil werden.

Interdisziplinäre Teams liefern, was Kunden wirklich brauchen

Digitale Dienstleistungen, wie Musikstreaming oder Smartphone-Integration, gehören zwar inzwischen zur Standardausstattung eines Fahrzeugs, dennoch beruht das Hauptgeschäftsmodell auf dem reinen Verkauf von Fahrzeugen. In den Unternehmensstrategien der Fahrzeughersteller finden sich zwar häufig Absichtserklärungen darüber, künftig stärkeren Fokus auf Mobilitätsdienstleistungen (z.B. Carsharing oder Abo-Modelle) zu legen, viele zögern aber, wenn es darum geht, ihre Kernkompetenz tatsächlich in den Softwarebereich zu verlagern. So erfolgt die Entwicklung von Mobilitätsdienstleistungen oftmals noch in einem abgekapselten Teilbereich, statt in einem vollständig integrierten Ökosystem.

Das bringt die Fahrzeughersteller in einen Zwiespalt: Einerseits haben sie sich in ihrer Strategie dazu bekannt, sich zu Mobilitätsdienstleistern zu entwickeln. Andererseits ist das ein langwieriger Prozess, weil sie ihre Organisation erst umbauen und darauf ausrichten müssten. Das führt mittelfristig häufig zu dem Ergebnis, dass die Produkte und Services ein Abbild der bestehenden Organisationssilos sind (siehe Conway’s Law). Das heißt, da Hardware und Software nicht gemeinsam entwickelt werden, sind sie auch nicht zu hundert Prozent aufeinander abgestimmt. Ihr Zusammenspiel ist folglich nicht das, was die Kundin gerne hätte, wenn sie sich in ihr neues Auto setzt.

Um die Silos zu überwinden, benötigt es eine konsequente Ausrichtung der Produktentwicklung am Kundenbedürfnis mit interdisziplinär aufgestellten Produktteams.

Skalierung: Das agile Betriebssystem

Häufig kann ein einziges Team ein komplexes Produkt nicht alleine liefern. Wenn ein crossfunktionales Team also die ersten guten Ergebnisse präsentiert und schneller und kundenzentrierter wird, stellt sich die Frage, wie sich das Ganze skalieren, also von einem einzelnen auf mehrere Teams übertragen lässt. Spätestens hier muss die Agilität den Sprung von der IT-Entwicklung auf die Organisationsebene machen. Für „Business Agility“ entfernt sich die Organisation daher immer mehr von der lokalen Optimierung und entwickelt sich hin zu einem ganzheitlichen agilen Betriebssystem für das Unternehmen.

Damit die agile Skalierung funktioniert, muss sich das Unternehmen auf sechs Ebenen transformieren, mit denen wir uns in den nächsten Blogbeiträgen dieser Reihe im Detail beschäftigen:

Führung & Werte

Aufgrund von Hyperspezialisierung sind entkoppelte Portfolios entstanden, die nicht am Kundenerlebnis ausgerichtet sind. Hinzu kommen hierarchische Strukturen, lange Entscheidungswege und Bürokratie. Für die Skalierung werden neue Organisations- und Führungsmodelle aufgebaut, bspw. als Netzwerkorganisation, die sich am Kunden orientieren.

Management-Framework

Auf Portfolio- und Programmebene wird ein Steuerungsinstrument wie Scrum, Kanban oder OKRs eingeführt, sodass die Managementteams agil zusammenarbeiten, agile Werte vorleben und die Teams unterstützen.

Kundenorientierung & Produktentwicklung

Agile Entwicklung stellt den Endnutzer in den Mittelpunkt und schließt diesen in den Produktentwicklungsprozess mit ein. Das heißt, die Produktentwicklungsmethoden sind am Kundenutzen ausgerichtet und sein Feedback wird laufend und möglichst früh eingeholt.

Skills und Expertise

Automobilhersteller sind Spezialisten im Bereich R&D und Produktionstechnik, aber nicht in der Entwicklung von Dienstleistungen und Services. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sie sich als Softwareentwickler begreifen und die notwendigen Fähigkeiten und Expertise aufbauen.

Infrastruktur

Es muss ein Rahmen geschaffen werden, in dem die Teams effizient zusammenarbeiten können. Das heißt, die Teams müssen intern und mit anderen unkompliziert und direkt kommunizieren können sowie mit jenen Entwicklungstools ausgestattet sein, die sie tatsächlich brauchen.

Architektur

Eine moderne Produktarchitektur ist modular und flexibel aufgebaut. Zusätzlich benötigt das Unternehmen eine geeignete Kommunikations- und Organisationsstruktur. Dies führt im Ergebnis zu erhöhtem Kundennutzen und ermöglicht eine durchgängige Nutzererfahrung.

Was sind Ihre Erfahrungen?

Wie man diese Herausforderungen jede für sich am besten angeht, sehen wir uns in den nachfolgenden Artikeln der Blogreihe genauer an. Gerne unterhalten wir uns in einem persönlichen Gespräch über die Herausforderungen in Ihrem Unternehmen. Kontaktieren Sie uns gerne oder hinterlassen Sie einen Kommentar hier oder auf Social Media.

Hier finden Sie mehr zu unserer Expertise in der Automotive-Branche. Für eine Einführung in die maßgeschneiderte Skalierung empfehlen wir Ihnen das myScaled Agile Intro Training.

Die Reihe: Mobilität digital denken

#1 “Die Autobranche muss agil werden”

#2 “Produkt- statt Prozessarchitektur”

#3 “Entwicklungs- & Kommunikationsinfrastruktur”

#4 “Wettbewerbsvorteil „Skills und Expertise“”

#5 “Kundenorientierung & Produktentwicklung”

#6 “Management-Frameworks”

#7 “Führung und Werte”

Bild: Unsplash License, Hannes Egler

Geschrieben von

Michael Friedmann Michael Friedmann

Schon während seines Studiums hat Michael Friedmann in der Automobilindustrie umfassende Erfahrung im Innovationsmanagement, in der Produktentwicklung und in der Produktionslogistik gesammelt. Sein tiefgehendes fachliches Wissen in diesen Bereichen hat er mit viel interdisziplinärem  Know-how ergänzt, was ihn zu einem echten Teamplayer macht. Mit seiner Zielstrebigkeit und strukturierten Vorgehensweise ist Michael ein Umsetzer, der andere in Prozessen gut anleiten kann. So wie beim Sport, den er selbst leidenschaftlich betreibt, hält er es aber auch mal als Zuschauer aus, der das Team im Hintergrund mit dem Beseitigen von Hindernissen unterstützt. Dabei bleibt er immer offen für aktuelle Entwicklungen und passt den Weg gegebenenfalls dynamisch an.

Teammitgliedsprofil

Faruk Ince Faruk Ince Als Betriebswirt denkt Faruk Ince analytisch und in Zusammenhängen. Sein scharfer Blick fürs Detail und sein Drang, die Ursachen hinter den auftretenden Impediments zu erkennen und verstehen, befähigen ihn, diese im Sinne des gesamten Teams zu lösen. Gleichzeitig hat er aber auch stets die Abhängigkeiten im Auge, die über die Teamebene hinausgehen. Faruk hinterfragt die Prozesse der täglichen Zusammenarbeit und zeigt auf, an welchen Stellen es noch Verbesserungspotenzial gibt. Dabei setzt er auf ehrliches Feedback und bringt auf diese Weise einen positiven Veränderungsprozess ins Rollen. Eine Fähigkeit, mit der er auch seine persönliche Entwicklung ständig vorantreibt. Auf unterschiedliche Arten arbeitet Faruk also an dem, was für ihn die Agilität eines Unternehmens ausmacht: langfristige Stabilität, gepaart mit kurzfristiger Anpassungsfähigkeit.

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