Agil ist nicht alles: Welche Methode in welchen Projekten hilft

Klassisch, Lean oder doch agil? Eine Frage, die sich Projektverantwortliche stellen müssen, wenn es darum geht, einen zielführenden Ansatz für das Projektmanagement zu wählen.Doch wann ist agiles Vorgehen überhaupt angesagt und in welchen Fällen sollte man auf einen klassischen beziehungsweise einen Lean-Ansatz zurückgreifen? Und worin unterscheiden sich die Ansätze überhaupt?

Orientierung mit der Stacey-Matrix

Eine Möglichkeit, um verschiedene Managementrealitäten darzustellen, bietet die sogenannte Stacey-Matrix. Sie kann Projektverantwortlichen als Orientierungshilfe dienen, wenn es darum geht, eine erste Einschätzung darüber zu treffen, wodurch sich ein Projekt charakterisiert. Grundsätzlich lassen sich Projekte in die Kategorien „einfach“, „kompliziert“, „komplex“ oder „chaotisch“ einordnen. Bei einem Projekt können sowohl die Ziele und Anforderungen, die zu erreichen beziehungsweise zu erfüllen sind, als auch der bestmögliche Weg dorthin mehr oder weniger bekannt oder unbekannt sein. Es bedarf demnach einer Einschätzung darüber, welcher Ansatz zur zielführenden und effizienten Bewältigung am geeignetsten scheint. Um festzustellen, wo genau ein Projekt zu verorten ist, müssen die verantwortlichen Personen also die Antworten auf zwei Fragen finden:

  1. Was sind die Ziele und Anforderungen, die erreicht beziehungsweise erfüllt werden sollen? Auf der y-Achse wird die Ausprägung der Anforderungen aufgetragen.
  2. Wie gehe ich sinnvollerweise vor, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen? Auf der x-Achse wird aufgetragen, wie ausgeprägt das Wissen um die Art der (technologischen) Umsetzung ist.

Im Raum zwischen völlig unbekannten Technologien und Anforderungen auf der einen Seite und völlig bekannten Technologien und Anforderungen auf der anderen Seite entstehen grob gesprochen vier Entscheidungssituationen:

Einfache Entscheidungssituation

Sind die Ziele beziehungsweise die damit einhergehenden Anforderungen, die an ein Projekt gestellt werden und die Art der (technologischen) Umsetzung bekannt, handelt es sich um ein einfaches Projekt. Hier wird vorzugsweise mit klassischen Verfahren wie dem Wasserfallmodell gearbeitet, da im Lösen entsprechender Aufgaben bereits viel Routine vorhanden ist und der Ablauf einem etablierten Standardprozess gleichkommt. Im Rahmen dieses planungsgetriebenen Ansatzes wird schon vorher definiert, was am Ende der Projektlaufzeit zu welchen Kosten entstanden sein sollte. Der Projekterfolg hängt stark von einer präzisen Prognose und Planung ab.

Komplizierte Entscheidungssituation

Bewegen wir uns auf einer der beiden Achsen in einem eher unbekannten Bereich, haben wir es mit komplizierten Situationen zu tun. In diesen Fällen eignet sich die Arbeit mit Lean-Ansätzen wie Kanban. Im Gegensatz zur klassischen Wasserfallmethode zielt Kanban auf eine Prozessoptimierung in kleinen Schritten ab, indem die im System befindliche Arbeit visualisiert und limitiert wird. Auftretende Probleme sollen so schnell identifiziert und behoben werden, um einen kontinuierlichen Arbeitsfluss sicherzustellen.

Komplexe Entscheidungssituation

Wenn große Teile der Anforderungen und des Wissens um die Art der Umsetzung unbekannt sind, bewegen wir uns im komplexen Bereich. Hier empfiehlt es sich, auf agile Methoden wie Scrum zurückgreifen, da diese dem unklaren Projektcharakter mit ihrer iterativen Herangehensweise Rechnung tragen können. Dies geschieht bei Scrum primär durch die Arbeit in regelmäßigen Sprints mit festgelegter Dauer. Durch regelmäßiges Feedback tastet sich ein Team an die Lösung einer neuartigen Aufgabe heran.Um eine fortlaufende Wertgenerierung aus Kundensicht zu ermöglichen, spielt im Rahmen eines iterativen Vorgehens der MVP-Gedanke (Minimum Viable Product) eine zentrale Rolle. Durch die Konzentration auf den Return on Investment (ROI) werden zunächst jene Produktfunktionalitäten geliefert, die zur Gänze möglichst rasch einen End-to-end-Nutzen gewährleisten. Ist der Grundnutzen im Sinne des Anwenders erfüllt, wird das Produkt um weitere Funktionalitäten ergänzt. Das ist ein wesentlicher Unterschied zur Wasserfallmethode: Änderungen müssen – überspitzt ausgedrückt – nicht dann eingebaut werden, wenn das gesamte Produkt fertig ist, sondern können bereits im Entstehungsprozess integriert werden.

Chaotische Entscheidungssituation

Sind sowohl Anforderungen als auch die Art und Weise der Umsetzung zu Beginn völlig unbekannt, befindet man sich im chaotischen Bereich, in dem man auf Kreativmethoden wie Design Thinking zurückgreifen kann. Durch ihren nutzerzentrierten und lösungsoffenen Charakter eignet sich die Methode vor allem dazu, Probleme sowie damit einhergehende Herausforderungen zu verstehen und entsprechende Lösungsideen zu entwickeln.

Auf den Punkt gebracht

Da jedes Projekt andere Herausforderungen bewältigen muss, ist spezifisch abzuwägen, welche Projektmanagement-Methode zielführend ist. Gewählt werden sollte jener Ansatz, mit dem sich das Vorhaben effizient bewältigen lässt. Die Instrumente des Projektmanagements sind dabei als sich ergänzende Werkzeuge zu verstehen, da sich der Charakter eines Projekts mit der Zeit verändert. Viele Unterfangen sind zu Beginn eher im chaotischen Umfeld lokalisiert.Je klarer die Anforderungen im Laufe der Zeit werden und je mehr Know-how in der Umsetzung gewonnen wird, desto größer wird der Raum an Möglichkeiten, der sich den verantwortlichen Personen eröffnet. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass die projektspezifischen Gegebenheiten langsam einfacher werden – jedoch nur so lange, bis sich die Marktanforderungen wieder verändern.Foto: Pixabay License, qimono

Agile Toolbox
Agiles Management
Projektmanagement
Sebastian Delp
July 18, 2019

Table of content

Diesen Beitrag teilen

Das könnte auch interessant sein:

Agile Prinzipien
Agile Toolbox
Projektmanagement

The Lie Behind the Parable of the Golf Balls and the Jar

Video
Change
Digitale Transformation
Hardware
Agile Organization

Agile in Industrial Automation: The Digital Transformation of Yokogawa

Versicherung
Neues Arbeiten
Führung
Agile Prinzipien
Kundenfokus

Kundenzentrierte Versicherung: Kann ein agiles Projekt die Organisation retten?

Versicherung
Change
Digitale Transformation
Agile Prinzipien
Kundenfokus

Agilität in den Vertrieb bringen – für Versicherer sinnvoll

Versicherung
Agile Prinzipien
Kundenfokus
Agile Toolbox
Produktentwicklung

BizDevOps in der Versicherungsbranche – Wie multidisziplinäre Teams wirklich besetzt sein sollten

Versicherung
Agile Prinzipien
Kundenfokus
Neues Arbeiten
Meetings

Undercover Agile für Versicherer: 5 agile Praktiken für Ihr klassisches IT-Projekt

Versicherung
Change
Digitale Transformation
Agile Prinzipien
Kundenfokus

IT-Projekte in der Versicherungsbranche – Das Rennen um die Time-to-Market

Team
Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills

Umgang mit Fehlern & Diversität – Erfolgreiche agile Teams #2

Team
Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Produktentwicklung

Das Geheimrezept von High-Performance-Teams

Team
Arbeiten bei borisgloger consulting
Agile Prinzipien
Freiwilligkeit
Selbstorganisation

Konsent und offene Wahl: 2 Prinzipien aus der Soziokratie, die jedes agile Team gebrauchen kann

Team
Neues Arbeiten
Meetings
Social Skills

Der agile Adventkalender

Team
Agile Toolbox
Scrum
ScrumMaster-Praxistipps
Agile Prinzipien

Selbstorganisation der Teams fördern: Ask the team!

Team
Agile Toolbox
Design Thinking

Who Recognizes the Truly Good Ideas?

Team
Agile Organization
Transformation

Pizza Is Not Dead, and Neither Is Agility

Scrum4Schools
Neues Arbeiten
Führung
Life
Social Skills

Trauen wir unseren Kindern mehr zu – auch in der Schule!

Scrum4Schools
Change
Agiles Lernen
Neues Arbeiten
Remote Arbeiten

Eine Scrum4Schools-Projekt-Rückschau mit Physiklehrer Ivan Topic

Scrum4Schools
Mehr Formate
Interview
Nachhaltigkeit

Mit Scrum4Schools dem Weltraum auf der Spur

Scrum4Schools
Change
Agiles Lernen

Scrum4Schools - ein Projekt nimmt Fahrt auf

Scrum4Schools
Agile Schulentwicklung
Agile Toolbox

Technik im Alltag - Scrum4Schools zu Gast in Langenzersdorf

Projektmanagement
Agile Toolbox
Scrum
Scrum-Begriffe
ScrumMaster-Praxistipps

Sprechen Sie Agile? Den klassischen Projektplan in die agile Welt überführen

Projektmanagement
Agiles Management
Agile Toolbox
Scrum
Enterprise Scrum

Das Management in Scrum

Projektmanagement
Change
Digitale Transformation

Agilität in der Logistik oder: Liefern wie Amazon

Projektmanagement
Agile Toolbox
Scrum

Meilensteine und Scrum

Portfoliomanagement
Project management

Too many projects? Portfolio management simplified

Neues Arbeiten
Mehr Formate
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Values

Wie agiles Arbeiten die Kommunikation aus der Selbstverständlichkeit holt

Neues Arbeiten
Change
Agiles Lernen
Mehr Formate
Audio

New Learning heute für das New Work von morgen – mit Angelika Weis

Neues Arbeiten
Change
Soziale Innovation

New Work Experience 2019 – ein Erfahrungsbericht

Neues Arbeiten
Audit
Change

Agil im Audit: das Starter-Kit

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum4Schools
Agile Prinzipien

Scrum4Schools: Lernen für die Zukunft

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Meetings
Retrospektive

Arbeiten wir uns gesund!

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
ScrumMaster-Praxistipps

Who should be in (agile) HR?

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Values

Glauben Sie an die Seele Ihrer Firma?

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Product Owner
ScrumMaster-Praxistipps

Produktivität auf Irrwegen: "Führen wir schnell mal Scrum ein!"

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Freiwilliges Teilen von Wissen – Erfolgreiche agile Teams #5

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Doing vs. Being Agile – Erfolgreiche agile Teams #1

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Freude bei der Arbeit & Sustainable Pace – Erfolgreiche agile Teams #3

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Anpassungsfähigkeit & schonungslose Offenheit – Erfolgreiche agile Teams #4

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Agile Toolbox

Transformationsberatung im Remote-Modus #4: die Unternehmenskultur verstehen

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Team
Mehr Formate
Workshop-Anleitung

So funktionieren eure Kreativ-Workshops auch im Remote Office

Neues Arbeiten
Change
Life
Mehr Formate
Video

Meetup mit Timo Daum: Quo vadis, Agilität?

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Agiles Lernen

Homeschooling – gelingt mit Gelassenheit

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Meetings

Wie Sie Online-Meetings rocken 2.0: Die Einladung

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Agile Toolbox

Transformationsberatung im Remote-Modus #3: Artefakte einführen

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Arbeiten bei borisgloger consulting
Change
Digitale Transformation

Ein Jahr Remote-Trainings: Wie wir das „neue Normal“ erfolgreich integriert haben

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Meetings

Wie Sie Online-Meetings rocken 1.0: Der gute Gastgeber

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Team

Das Logbuch als rasche Orientierung für verteilte Scrum-Teams

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Meetings

Sprint Review im Home Office