Was bringt Scrum eigentlich dem Fachbereich?

Die Einführung von Scrum verlagert sich immer mehr in die Entwicklungsabteilungen von großen Konzernen. Die Vielzahl unserer Transitionsprojekte zeigt, dass die Scrum-Teams intensiv mit dem Fachbereich als internem Kunden (und oft auch Nutzer) zusammenarbeiten müssen. Da Scrum eine Produktentwicklungsmethode abbildet und somit auf die Kundenzufriedenheit ausgerichtet ist, ist es wichtig, den Fachbereich gut abzuholen und ihn über Scrum zu informieren. Immerhin birgt jegliche Veränderung auch eine Möglichkeit der Verschlechterung in sich und diese Bedenken gilt es aus dem Weg zu räumen. Um die Brücke zwischen Management, Technikern und Produktmanagern zum Fachbereich zu schlagen, habe ich ein paar Aspekte zusammengetragen, die für jeden Fachbereichsmitarbeiter bei der Einführung von Scrum wichtig zu wissen wären.

Als Fachbereichsmitarbeiter finde ich Scrum toll, weil...

  • Scrum orientiert sich am Kunden (ROI) und Benutzer (Qualität und Usability), d.h. mein Interesse und Input stehen im Mittelpunkt.
  • Die Transparenz über den Projektstatus und die Priorisierung meiner Anforderungen im Product Backlog ermöglichen es mir jederzeit zu wissen, wann ich welche Funktionalität erhalten werde.
  • Die Priorisierung des Backlogs nach Return On Investment und somit Businesswert stellt sicher, dass die Ressourcen für die wertvollste Entwicklung investiert werden. Und das Tolle ist, ich habe jederzeit die Möglichkeit zu sagen: "Danke. Ich habe ausreichend Funktionalitäten erhalten." Das könnte mir viel Budget sparen.
  • Die feste Zusammensetzung des Scrum-Teams und der kontinuierliche Austausch mit mir steigern die Verantwortung der Entwickler, eine hohe Qualität zu liefern.
  • Dank der klaren Rollenaufteilung weiß ich genau, wer im Scrum-Team welche Aufgaben und Verantwortungen hat, und wen ich in welchem Fall ansprechen sollte. Prinzipiell ist der Product Owner meine erste Anlaufstelle.
  • Die Rolle des ScrumMasters ist großartig, da ich aufgrund der langfristigen Produktivitätssteigerung Geld sparen bzw. mehr Funktionalität bekommen werde.
  • Ich habe spätestens alle 2 Wochen die Möglichkeit, Feedback zu einem fertigen Produktinkrement zu geben.
  • Produktentscheidungen werden erst dann getroffen, wenn ausreichend Informationen da sind und es wirklich notwendig ist (bei Sprintstart statt Projektstart).
  • Ich habe bei Projektstart keinen Stress mehr, Spezifikationen zu erstellen, die vor Projektende vermutlich schon wieder veraltet sein werden.
  • Das Sprint Planning 1 gibt mir ein Forum, in dem ich den Kontext und Hintergrund meiner Anforderungen erklären kann. Durch die Möglichkeit der Rückfragen gibt es weniger Missverständnisse und am Ende des Sprints erhalte ich tatsächlich das, was ich wollte. Sollte dem nicht so sein, erkennen wir spätestens 2 Wochen später schon im Sprint Review durch mein Feedback, dass wir aneinander vorbei kommuniziert haben. Dann habe ich im schlimmsten Fall 2 Wochen an Geld verloren. Das tut weh, ist aber immer noch besser als eine gesamte Projektdauer lang auf einer falschen Anforderung aufzubauen.
  • Change Request Prozesse sind tot. Halleluja. Stattdessen spreche ich direkt mit dem Product Owner und die Umsetzung kann für den nächsten Sprint (spätestens in 2 Wochen) eingeplant werden.
  • Langfristig müssen meine Kollegen und ich nicht mehr die fachlichen Tests durchführen, da die Verantwortung für die Qualität vermehrt beim Dev.Team liegen soll. Falls wir dennoch testen müssen, können wir uns die Zeit besser einplanen, da die Releasezyklen immer kürzer, die Sprints vorhersehbar und der Umfang überschaubar sind.

Als Fachbereichsmitarbeiter muss ich mich erst an Scrum gewöhnen, weil...

  • Jeder Sprint ist geschützt. D.h. meine persönlichen Kontakte zu den Entwicklern nutzen mir nichts mehr - ScrumMaster und Product Owner achten darauf, dass auch eingehalten wird, wozu sich das Team am Anfang des Sprints verpflichtet ("committed") hat. Aber so tragisch ist das nicht: Das betrifft ohnedies nur neue Funktionalitäten und da kann ich ruhig bis zum nächsten Sprint (max. 2 Wochen) warten. Fehler haben in Scrum weiterhin höchste Prio und werden sofort bearbeitet.
  • Die Priorisierung des Product Backlogs liegt in den Händen des Product Owners und ist nach Businesswert geregelt. D.h. wenn mir wenig Budget zur Verfügung steht und meine Anforderung dem Produkt bzw. Unternehmen keinen wirklichen Mehrwert bringen wird, kann es sein, dass sie erst sehr spät bzw. nie umgesetzt werden wird. Ob das tatsächlich schlimm ist, steht zur Debatte.

Als Fachbereichsmitarbeiter wird sich meine Zusammenarbeit mit dem Scrum-Team folgendermaßen gestalten...

  • Bei der Durchführung von fachlichen Tests wäre es gut, im Scrum-Teamraum zu sitzen und jeweils mit einem Dev.Teammitglied gepaart zu arbeiten. Somit besteht die Möglichkeit, automatisch voneinander zu lernen ("Learning by Doing"), die Anwendung des Produkts aus Benutzersicht besser kennenzulernen, und mich somit langfristig als fachlichen Tester zu entlasten bzw. abzulösen.
  • Ich sollte mich regelmäßig (Empfehlung: 1x wöchentlich) mit dem Product Owner treffen, um das Product Backlog mit meinen neuesten Anforderungen, Änderungswünschen und Ideen zu füttern und über den Status der schon bekannten Anforderungen zu sprechen.
  • Im Sprint Planning 1 am Anfang jedes Sprints stehe ich zur Verfügung, um meine Anforderungen an das Produktinkrement in einem Kontext und mit mehr Details dem Scrum-Team zu erklären (Workflow, Unternehmensstrategie, Ziele, Endnutzer etc.). Das hilft ungemein, um die Bilder in unseren Köpfen abzugleichen und sicherzustellen, dass am Ende auch das rauskommt, was ich in Auftrag gebe.
  • Das Scrum-Team und ich freuen uns, wenn ich es schaffe, alle zwei Wochen im Sprint Review dabei zu sein. Hier bekomme ich nämlich das Produktinkrement (meine gewünschte Funktionalität) gezeigt, darf es selbst mal ausprobieren und kann Feedback geben.
  • Ab und zu ruft mich das Scrum-Team während des Sprints an, um Details bzgl. der aktuellen Anforderungen zu klären. Das ist mir lieber, als nichts von ihnen zu hören und dann unzufrieden mit dem Ergebnis zu sein.

Diese Liste ist definitiv nicht vollständig und variiert je nach Unternehmenskontext. Dennoch sollte sie einen Ansatzpunkt für eine Schulung des Fachbereichs zum Thema Scrum und agiles Arbeiten bieten. Ich hoffe, diese Aufzählung hilft und freue mich über euer Feedback!

Agile Prinzipien
Kundenfokus
Agile Toolbox
Scrum
bgloger-redakteur
January 13, 2015

Table of content

Diesen Beitrag teilen

Das könnte auch interessant sein:

Agile Prinzipien
Agile Toolbox
Projektmanagement

The Lie Behind the Parable of the Golf Balls and the Jar

Video
Change
Digitale Transformation
Hardware
Agile Organization

Agile in Industrial Automation: The Digital Transformation of Yokogawa

Versicherung
Neues Arbeiten
Führung
Agile Prinzipien
Kundenfokus

Kundenzentrierte Versicherung: Kann ein agiles Projekt die Organisation retten?

Versicherung
Change
Digitale Transformation
Agile Prinzipien
Kundenfokus

Agilität in den Vertrieb bringen – für Versicherer sinnvoll

Versicherung
Agile Prinzipien
Kundenfokus
Agile Toolbox
Produktentwicklung

BizDevOps in der Versicherungsbranche – Wie multidisziplinäre Teams wirklich besetzt sein sollten

Versicherung
Agile Prinzipien
Kundenfokus
Neues Arbeiten
Meetings

Undercover Agile für Versicherer: 5 agile Praktiken für Ihr klassisches IT-Projekt

Versicherung
Change
Digitale Transformation
Agile Prinzipien
Kundenfokus

IT-Projekte in der Versicherungsbranche – Das Rennen um die Time-to-Market

Team
Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills

Umgang mit Fehlern & Diversität – Erfolgreiche agile Teams #2

Team
Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Produktentwicklung

Das Geheimrezept von High-Performance-Teams

Team
Arbeiten bei borisgloger consulting
Agile Prinzipien
Freiwilligkeit
Selbstorganisation

Konsent und offene Wahl: 2 Prinzipien aus der Soziokratie, die jedes agile Team gebrauchen kann

Team
Neues Arbeiten
Meetings
Social Skills

Der agile Adventkalender

Team
Agile Toolbox
Scrum
ScrumMaster-Praxistipps
Agile Prinzipien

Selbstorganisation der Teams fördern: Ask the team!

Team
Agile Toolbox
Design Thinking

Who Recognizes the Truly Good Ideas?

Team
Agile Organization
Transformation

Pizza Is Not Dead, and Neither Is Agility

Scrum4Schools
Neues Arbeiten
Führung
Life
Social Skills

Trauen wir unseren Kindern mehr zu – auch in der Schule!

Scrum4Schools
Change
Agiles Lernen
Neues Arbeiten
Remote Arbeiten

Eine Scrum4Schools-Projekt-Rückschau mit Physiklehrer Ivan Topic

Scrum4Schools
Mehr Formate
Interview
Nachhaltigkeit

Mit Scrum4Schools dem Weltraum auf der Spur

Scrum4Schools
Change
Agiles Lernen

Scrum4Schools - ein Projekt nimmt Fahrt auf

Scrum4Schools
Agile Schulentwicklung
Agile Toolbox

Technik im Alltag - Scrum4Schools zu Gast in Langenzersdorf

Projektmanagement
Agile Toolbox
Scrum
Scrum-Begriffe
ScrumMaster-Praxistipps

Sprechen Sie Agile? Den klassischen Projektplan in die agile Welt überführen

Projektmanagement
Agiles Management
Agile Toolbox
Scrum
Enterprise Scrum

Das Management in Scrum

Projektmanagement
Change
Digitale Transformation

Agilität in der Logistik oder: Liefern wie Amazon

Projektmanagement
Agile Toolbox
Scrum

Meilensteine und Scrum

Portfoliomanagement
Project management

Too many projects? Portfolio management simplified

Neues Arbeiten
Mehr Formate
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Values

Wie agiles Arbeiten die Kommunikation aus der Selbstverständlichkeit holt

Neues Arbeiten
Change
Agiles Lernen
Mehr Formate
Audio

New Learning heute für das New Work von morgen – mit Angelika Weis

Neues Arbeiten
Change
Soziale Innovation

New Work Experience 2019 – ein Erfahrungsbericht

Neues Arbeiten
Audit
Change

Agil im Audit: das Starter-Kit

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum4Schools
Agile Prinzipien

Scrum4Schools: Lernen für die Zukunft

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Meetings
Retrospektive

Arbeiten wir uns gesund!

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
ScrumMaster-Praxistipps

Who should be in (agile) HR?

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Values

Glauben Sie an die Seele Ihrer Firma?

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Product Owner
ScrumMaster-Praxistipps

Produktivität auf Irrwegen: "Führen wir schnell mal Scrum ein!"

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Freiwilliges Teilen von Wissen – Erfolgreiche agile Teams #5

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Doing vs. Being Agile – Erfolgreiche agile Teams #1

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Freude bei der Arbeit & Sustainable Pace – Erfolgreiche agile Teams #3

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Anpassungsfähigkeit & schonungslose Offenheit – Erfolgreiche agile Teams #4

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Agile Toolbox

Transformationsberatung im Remote-Modus #4: die Unternehmenskultur verstehen

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Team
Mehr Formate
Workshop-Anleitung

So funktionieren eure Kreativ-Workshops auch im Remote Office

Neues Arbeiten
Change
Life
Mehr Formate
Video

Meetup mit Timo Daum: Quo vadis, Agilität?

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Agiles Lernen

Homeschooling – gelingt mit Gelassenheit

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Meetings

Wie Sie Online-Meetings rocken 2.0: Die Einladung

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Agile Toolbox

Transformationsberatung im Remote-Modus #3: Artefakte einführen

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Arbeiten bei borisgloger consulting
Change
Digitale Transformation

Ein Jahr Remote-Trainings: Wie wir das „neue Normal“ erfolgreich integriert haben

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Meetings

Wie Sie Online-Meetings rocken 1.0: Der gute Gastgeber

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Team

Das Logbuch als rasche Orientierung für verteilte Scrum-Teams

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Meetings

Sprint Review im Home Office