Wie man Objectives and Key Results zum Abheben bringt – ein Praxisbeispiel aus einem unserer OKR-Workshops

Oft hofft das Management, dass mit der Einführung von OKR die Arbeit getan ist und das System nun reibungslos arbeitet. Doch das ist erst der Anfang. Jetzt geht es besonders darum, dass tatsächlich an den gemeinsamen Zielen gearbeitet und die neue Methode akzeptiert wird. Nichts ist schlimmer, als eine Methode zu verbrennen und eine leere Hülle zu schaffen, die auf Ablehnung stößt.Das folgende Praxisbeispiel soll veranschaulichen, wie die Anlaufschwierigkeiten nach der Einführung von OKR überwunden werden können und wie das Framework zum Abheben gebracht werden kann.

Ausgangssituation: drei Monate nach Einführung von OKR

Die Koordinatoren eines Transition Teams wussten nicht recht weiter. Sie hatten seit dem letzten Quartal OKRs eingeführt. Es ging um die Gesamttransformation eines Konzerns und auf Organisationsebene gab es verschiedene Transition Teams, die alle mit OKRs arbeiteten. Doch scheinbar waren die Koordinatoren nicht zufrieden damit, wie es lief. Sie beklagten, dass die OKRs bei den Transition Teams nicht so richtig angekommen sind und diese ihre Arbeit stattdessen so wie bisher koordinierten. Das heißt, es gab zwar OKRs je Team, jedoch kümmerten sich die meisten der Teams nicht darum. So war es für die Koordinatoren schwer, ein Gesamtbild der Aktivitäten der verschiedenen Transition Teams zu erhalten. Dies erschwerte die Kommunikation nach oben in das Leitungsteam.Noch ein weiteres Thema kam zutage: Es wurden Jahresziele bzw. Mid-Term-Goals, kurz Moals, definiert, was bis Ende des Jahres zu erreichen wäre. Und eine Auswertung der Koordinatoren zeigte: An zwei wichtigen Themen wurde aufgrund der Priorisierung in den Teams überhaupt noch nicht gearbeitet. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass in den kommenden Quartalen das Alignment geschärft werden musste.

Mit dem OKR-Check Optimierungspotenzial erkennen

Was würde in dieser Situation helfen? Gemeinsam prüften wir anhand des Ready-for-Take-off-Checks, worum es den Koordinatoren bei der Einführung von OKR wirklich ging. Wir gingen die Checkliste durch und arbeiteten heraus, welche der Themen besonders wichtig waren und auf die konkrete Situation zutrafen.

Welche Quick Wins hatte sich der Kunde durch OKR erhofft?

Wir haben gemeinsam festgestellt, dass seitens des Kunden der Wunsch besteht, mit Hilfe von OKR vor allem folgende Themen zu lösen:

  • Es besteht Bedarf nach Transparenz auf der Koordinationsebene oberhalb der Transition Teams.
  • Es geht darum, einen Gesamtstand der agilen Transition nach oben in das Führungsteam reporten zu können.
  • Es dürfen keine wichtigen Themen im Lauf des Jahres hinten runterfallen.

Zunächst wurde die Methode OKR von überfrachteten Hoffnungen befreit

Schnell konnten wir klarstellen, dass in dieser Situation nicht etwa eine dogmatische Umsetzung von OKR als Methode weiterhelfen würde – etwa dadurch, dass Teams ihre Arbeitsweise auf OKR umstellen würden. Stattdessen rückten wir das große Ganze wieder in den Blick, dass OKRs dabei unterstützen sollen, Alignment zu schaffen, Teams auf gemeinsame Ziele hin auszurichten und bei der Koordination paralleler Aktivitäten zu helfen. Ausdrücklich sollten sich OKRs nicht direkt mit dem Tagesgeschäft der Teams beschäftigen.Folglich räumten wir auf: Keine Vorgabe mehr, dass die Teams mit OKRs arbeiten sollen. Sie konnten sich organisieren, wie sie wollten. Manche arbeiteten nach Scrum, manche nach Kanban, andere klassisch. Für die Teams waren OKRs ein zusätzliches Thema, welches in dieser Situation den Fokus von ihrer eigentlichen Arbeit ablenkte.

Das OKR-Artefakt auf Koordinationsebene als Kommunikationsbasis für die Team-POs

Also vereinbarten wir, dass sich die POs der Teams, welche sich einmal wöchentlich zum PO-Weekly trafen, über den Stand und Fortschritt der OKRs austauschen sollten. Und dafür sollte ein neues Artefakt eingeführt werden: Ein PO-Weekly-OKR-Board. Dort würden die übergeordneten OKRs basierend auf den Moals abgebildet und die POs würden dann zu den jeweiligen übergeordneten OKRs den Stand ihrer Aktivitäten mittels Klebezetteln sichtbar machen. Dank dieses Artefaktes wäre es dann für die Koordinatoren ein leichtes, die Informationen monatlich zu aggregieren und nach oben zu berichten.Die Teams bzw. die POs mussten jetzt nur noch einen Weg finden, die Aktivitäten ihrer Teams mit den übergeordneten OKRs zu matchen. Eines der Transition Teams, das nach Scrum arbeitete, verständigte sich beispielsweise darauf, die Epics durch OKRs zu ersetzen und daraus User Storys abzuleiten. Es blieb jedoch den Teams überlassen, individuelle Lösungen für die Anknüpfung zwischen täglichem Doing, der Task-Ebene, und den OKRs herzustellen.

Entstehungsprozess und Formulierung der OKRs sind entscheidend für deren Akzeptanz

Rückblickend auf die Einführung von OKR in dem hier geschilderten Fallbeispiel: Was war passiert? In den Teams fehlte die Akzeptanz für das neue Tool bzw. die neue Methode OKR. Denn die Teams arbeiteten schon seit Monaten an ihren Transitionsprojekten und jetzt, auf einmal, kamen „diese“ OKRs dazu. Da standen Ziele drin, mit denen sich die Teams überhaupt nicht identifizieren konnten. Warum? Weil bei der Formulierung der übergeordneten Objectives nicht sorgfältig genug darauf geachtet wurde, diese so übergreifend und offen zu formulieren, dass die Teams ihren eigenen Weg zur Erreichung der übergeordneten Key Results finden konnten. Stattdessen waren die teamübergreifenden OKRs viel zu konkret und einschränkend.

Gemeinsamer Fokus auf dem Company-Level braucht manchmal nur Moals – ohne OKRs

Ein weiterer Punkt war, dass vor lauter Methodenanwendung der Sinn und Zweck von OKR aus dem Blick geriet. Die Moals waren mit dem gesamten Transitionsprogramm gemeinsam erarbeitet und abgestimmt. Dadurch wurde echtes Alignment zwischen der Leitungs- bzw. Vorstandsebene und den Transition Teams hergestellt. Die weitere Aufgliederung der Moals in übergeordnete OKRs hingegen minderte die Akzeptanz der Moals, anstatt die Moals hilfreich zu konkretisieren.Also vereinbarten wir, dass die Koordinatoren künftig stärker auf den Sinn und Zweck der Übung, d. h. die gemeinsame Arbeit an der Erreichung der akzeptierten Moals, achten würden, das „Wie“ der Umsetzung jedoch den Teams freistellen würden.

Für die bevorstehenden OKR-Meetings wurden Optimierungsmaßnahmen definiert

  • Im gemeinsamen OKR-Review der Teams sollten alle Arbeitsergebnisse präsentiert werden, nicht nur jene, die aus der Arbeit mit den OKRs resultieren. So würde die gesamte Arbeit der Teams gewürdigt und sichtbar.
  • In der Retrospektive sollte verstärkt auf Sinn und Zweck von OKR reflektiert und die Methodik zur Umsetzung auf operativer Ebene freigestellt werden.
  • Das Plannig wurde in zwei Termine geteilt – ganz ähnlich, wie es Scrum vorsieht. Im ersten Termin sollten die gemeinsamen Objectives für das Quartal erarbeitet werden. In einem zweiten Termin konnte dann jedes Team seine Key Results erarbeiten und klären, wie das Team die Objectives erreichen will. Die Teilung des Plannings sollte, genau wie bei Scrum, die Akzeptanz der Ziele verbessern.

Fazit: Nach der Einführung kommt die Optimierung.

Wer hofft, dass mit OKR auf Knopfdruck alle Teams koordiniert und diszipliniert an vorher zentral festgelegten Zielen arbeiten, der missversteht OKR vielleicht als eine moderne Form zentraler Steuerung. Doch stellt derjenige hoffentlich schnell fest: Das funktioniert in der Realität so nicht.Damit das Framework OKR helfen kann, muss es auf die jeweilige Situation im Unternehmen angepasst werden. Gerade zu Anfang ist weniger mehr. Da hilft es, kritisch zu hinterfragen: Was wollen wir mit OKR als Methode verbessern? Da hilft es, OKR zunächst als Mittel zum Zweck zu begreifen und so einzusetzen, wie es den Zweck erfüllt. Mit zunehmender Übung aller Beteiligten im Umgang mit der Methode kann dann Quartal für Quartal der OKR-Prozess und die Arbeit damit verbessert werden.Aller Anfang ist schwer. Loszulegen und den Mut zu beweisen, diese neue Methode überhaupt einzusetzen, ist aber der erste und wichtigste Schritt.

Agiles Management
Mehr Formate
Checkliste
Agile Toolbox
OKR
Workshop-Anleitung
Arved Weidemüller
June 27, 2019

Table of content

Diesen Beitrag teilen

Das könnte auch interessant sein:

Agile Prinzipien
Agile Toolbox
Projektmanagement

The Lie Behind the Parable of the Golf Balls and the Jar

Video
Change
Digitale Transformation
Hardware
Agile Organization

Agile in Industrial Automation: The Digital Transformation of Yokogawa

Versicherung
Neues Arbeiten
Führung
Agile Prinzipien
Kundenfokus

Kundenzentrierte Versicherung: Kann ein agiles Projekt die Organisation retten?

Versicherung
Change
Digitale Transformation
Agile Prinzipien
Kundenfokus

Agilität in den Vertrieb bringen – für Versicherer sinnvoll

Versicherung
Agile Prinzipien
Kundenfokus
Agile Toolbox
Produktentwicklung

BizDevOps in der Versicherungsbranche – Wie multidisziplinäre Teams wirklich besetzt sein sollten

Versicherung
Agile Prinzipien
Kundenfokus
Neues Arbeiten
Meetings

Undercover Agile für Versicherer: 5 agile Praktiken für Ihr klassisches IT-Projekt

Versicherung
Change
Digitale Transformation
Agile Prinzipien
Kundenfokus

IT-Projekte in der Versicherungsbranche – Das Rennen um die Time-to-Market

Team
Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills

Umgang mit Fehlern & Diversität – Erfolgreiche agile Teams #2

Team
Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Produktentwicklung

Das Geheimrezept von High-Performance-Teams

Team
Arbeiten bei borisgloger consulting
Agile Prinzipien
Freiwilligkeit
Selbstorganisation

Konsent und offene Wahl: 2 Prinzipien aus der Soziokratie, die jedes agile Team gebrauchen kann

Team
Neues Arbeiten
Meetings
Social Skills

Der agile Adventkalender

Team
Agile Toolbox
Scrum
ScrumMaster-Praxistipps
Agile Prinzipien

Selbstorganisation der Teams fördern: Ask the team!

Team
Agile Toolbox
Design Thinking

Who Recognizes the Truly Good Ideas?

Team
Agile Organization
Transformation

Pizza Is Not Dead, and Neither Is Agility

Scrum4Schools
Neues Arbeiten
Führung
Life
Social Skills

Trauen wir unseren Kindern mehr zu – auch in der Schule!

Scrum4Schools
Change
Agiles Lernen
Neues Arbeiten
Remote Arbeiten

Eine Scrum4Schools-Projekt-Rückschau mit Physiklehrer Ivan Topic

Scrum4Schools
Mehr Formate
Interview
Nachhaltigkeit

Mit Scrum4Schools dem Weltraum auf der Spur

Scrum4Schools
Change
Agiles Lernen

Scrum4Schools - ein Projekt nimmt Fahrt auf

Scrum4Schools
Agile Schulentwicklung
Agile Toolbox

Technik im Alltag - Scrum4Schools zu Gast in Langenzersdorf

Projektmanagement
Agile Toolbox
Scrum
Scrum-Begriffe
ScrumMaster-Praxistipps

Sprechen Sie Agile? Den klassischen Projektplan in die agile Welt überführen

Projektmanagement
Agiles Management
Agile Toolbox
Scrum
Enterprise Scrum

Das Management in Scrum

Projektmanagement
Change
Digitale Transformation

Agilität in der Logistik oder: Liefern wie Amazon

Projektmanagement
Agile Toolbox
Scrum

Meilensteine und Scrum

Portfoliomanagement
Project management

Too many projects? Portfolio management simplified

Neues Arbeiten
Mehr Formate
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Values

Wie agiles Arbeiten die Kommunikation aus der Selbstverständlichkeit holt

Neues Arbeiten
Change
Agiles Lernen
Mehr Formate
Audio

New Learning heute für das New Work von morgen – mit Angelika Weis

Neues Arbeiten
Change
Soziale Innovation

New Work Experience 2019 – ein Erfahrungsbericht

Neues Arbeiten
Audit
Change

Agil im Audit: das Starter-Kit

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum4Schools
Agile Prinzipien

Scrum4Schools: Lernen für die Zukunft

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Meetings
Retrospektive

Arbeiten wir uns gesund!

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
ScrumMaster-Praxistipps

Who should be in (agile) HR?

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Values

Glauben Sie an die Seele Ihrer Firma?

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Product Owner
ScrumMaster-Praxistipps

Produktivität auf Irrwegen: "Führen wir schnell mal Scrum ein!"

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Freiwilliges Teilen von Wissen – Erfolgreiche agile Teams #5

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Doing vs. Being Agile – Erfolgreiche agile Teams #1

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Freude bei der Arbeit & Sustainable Pace – Erfolgreiche agile Teams #3

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Anpassungsfähigkeit & schonungslose Offenheit – Erfolgreiche agile Teams #4

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Agile Toolbox

Transformationsberatung im Remote-Modus #4: die Unternehmenskultur verstehen

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Team
Mehr Formate
Workshop-Anleitung

So funktionieren eure Kreativ-Workshops auch im Remote Office

Neues Arbeiten
Change
Life
Mehr Formate
Video

Meetup mit Timo Daum: Quo vadis, Agilität?

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Agiles Lernen

Homeschooling – gelingt mit Gelassenheit

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Meetings

Wie Sie Online-Meetings rocken 2.0: Die Einladung

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Agile Toolbox

Transformationsberatung im Remote-Modus #3: Artefakte einführen

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Arbeiten bei borisgloger consulting
Change
Digitale Transformation

Ein Jahr Remote-Trainings: Wie wir das „neue Normal“ erfolgreich integriert haben

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Meetings

Wie Sie Online-Meetings rocken 1.0: Der gute Gastgeber

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Team

Das Logbuch als rasche Orientierung für verteilte Scrum-Teams

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Meetings

Sprint Review im Home Office