Wie schreibe ich eine User Story oder anders gefragt: Was nützt mir der Nebel?

Der Weg zur User Story fällt vielen erstmal schwer und zwar an der Stelle, an der man es eigentlich nicht erwarten sollte: Beim Formulieren des Nutzens. Wir sind so darauf getrimmt Funktionen zu beschreiben, dass uns der Nutzen implizit bewusst ist, jedoch anfangs nicht zu greifen erscheint. Einen Nutzen zu beschreiben und ihn in Worte zu fassen fällt schwer, es ist wie das Greifen nach einem Nebelfaden, der kurz vor der Berührung zerstäubt.Im Nebel, so fühlen sich viele Teams, wenn sie Anforderungen ohne Nutzen übergeben bekommen. Sie müssen anfangen die Schemen, die geschrieben stehen, zu interpretieren. Den Nutzen in den Sätzen, Zusammenhängen zu finden, die Schwaden zu durchtrennen und zu entwirren. Gelingt es, dann haben wir bestenfalls eine Funktion mit einer Interpretation des Nutzens und wir können hoffen, dass die Beteiligten miteinander reden, um zu validieren, ob die Funktion auch den gewünschten Nutzen erfüllt.

"Gib mir einen Nutzen und ich gebe dir die Funktion dazu, die Du dir wünscht."

Das ist mein persönlicher Leitspruch und auch meine Empfehlung, wenn es darum geht, User Stories zu schreiben. Fangt mit den Fragen "Wer" und "Wozu" an und schreibt diese auf. Startet beispielsweise so:"Als Stammkunde Ralf Müller möchte ich ..., damit ich erkenne, ob meine Bestellung erfolgreich im System eingegangen ist."Wenn ihr eine gute Idee habt, dann schreibt noch die Frage nach dem "Was" dazu, also die Funktion:"Als Stammkunde Ralf Müller möchte ich eine Benachrichtigung, damit ich erkenne, ob meine Bestellung erfolgreich im System eingegangen ist."Am besten ist es, wenn ihr das "Was" gemeinsam mit eurem Entwicklungsteam klärt. Verstehen sie den Nutzen, dann werden Sie eine Funktion finden, die den Nutzen erfüllt. Spätestens im Sprint Planning 1 sollten die Anforderungen dann geklärt werden. Vielleicht schlägt das Entwicklungsteam neben der E-Mail Benachrichtigung und der direkten Anzeige auf der Folgeseite noch das Versenden einer Benachrichtigung per Blumenstrauß vor - wer weiß.Um der angesprochenen Funktion etwas mehr Gestalt zu geben, formuliert ihr noch Akzeptanzkritierien. Dadurch könnt ihr den Rahmen aufspannen und vorgeben, was minimal erfüllt werden muss - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auch diese Kriterien klärt ihr gemeinsam mit dem Entwicklungsteam und zwar im Dialog und zwar von Angesicht zu Angesicht. Vom Entwicklungsteam lasst ihr dann Akzeptanztests bzgl. der Akzeptanzkritierien aufstellen. Ein Kriterium könnte in unserem Beispiel sein:"Die Bestätigung erfolgt auf zwei Kommunikationskanälen. Ein Kommunikationskanal ist im System, der andere der Postweg."

Warum sollte das Entwicklungsteam die Funktion ausformulieren?

Das ist für mich implizit eine Frage nach der Reife des Teams. Jedes Entwicklungsteam lernt am eigenen Produkt die Fachdomäne, in der es sich bewegt und wird über die Zeit zum Domänenspezialisten. Das ist jedoch nur ein Grund, ein wichtigerer ist der folgende: Jedes Team weiß am besten, wie sich der gewünschte Nutzen im System am besten abbilden lässt. Ein cross-funktionales Team zeigt hier seine Stärken, jedoch kennt jedes andere Entwicklungsteam es auch besser als der Kunde bzw. die meisten User. Man fragt sie nur zu selten.Ein Grund hierfür ist sicherlich, dass die User sich nicht die Fragen stellen müssen, die ein Teammitglied sich stellt, zum Beispiel: "Wie passt die Funktion in das Konzept der Anwendung?", "Muss ich hier auch die Funktionen A, B und C berücksichtigen?" Ein Entwicklungsteam hat einen ganz anderen Kontext zum Produkt, das es entwickelt. Dieser muss aufgebaut werden.

Was benötigt eine gute User Story jetzt noch?

Wir haben das normale Format mit Wer, Was, Wozu - also: Als <Persona> möchte ich <Funktion>, damit ich <Nutzen>. Wir haben Akzeptanzkritierien , die aufzeigen, was minimal geliefert werden muss. Akzeptanztests, die das Entwicklungsteam ausformuliert und die aufzeigen, dass die Akzeptanzkritierien erfüllt werden. Was fehlt?Es ist der Nebel.In unserem Beispiel ist der Nebel zuerst der leere Funktionsteil. Hier muss Kommunikation erfolgen, damit geklärt wird was selbst der Platzhalter Benachrichtigung später konkret heißen soll. Konkret gesagt ist der Nebel keine Worthülse, die beliebig interpretiert werden darf, trotzdem ist der Nebel die Unklarheit auf dem Weg zur Implementierung.Eine User Story ist ein Anlass zur Konversation. Das bedeutet, wir benötigen eine gewisse Unstabilität in der User Story, damit eine Konversation, ein Dialog entstehen kann. Wir brauchen Unschärfe. Hier brauchen wir allerdings die Art von Nebel, die nicht verschleiert. Nicht der Nebel, der durch schöne Worte und vermeintliche Vollständigkeit und die stumpfe Präzision eines Löffels uns denken lässt: "Alles steht hier geschrieben, genau das brauchen wir so wie es formuliert wurde." Nein, wir brauchen den Nebel, der uns fragen lässt: "Hey, sollen wir lieber links oder rechts gehen, ich bin mir gerade nicht ganz sicher." Software-Entwicklung ist zu großen Teilen ein Kommunikationsproblem und zu genaue Anweisungen verstärken dieses Problem. Bei zu genauen Anweisungen fragen wir nicht mehr nach, die Kommunikation versiegt.Für viele von Euch ist die Fahrt, der Spaziergang im Nebel erstmals ungewohnt, lasst ihn trotzdem zu und lasst Euch drauf ein. Es ist faszinierend, was nach kurzer Zeit vor einem auftaucht und welche Überraschungen und Details einem ins Auge fallen, die man aus der Ferne, selbst mit Weitblick, nicht hätte erkennen können.

Agile Toolbox
Scrum
Scrum Artefacts
Team
User Story
bgloger-redakteur
March 1, 2013

Table of content

Diesen Beitrag teilen

Das könnte auch interessant sein:

Agile Prinzipien
Agile Toolbox
Projektmanagement

The Lie Behind the Parable of the Golf Balls and the Jar

Video
Change
Digitale Transformation
Hardware
Agile Organization

Agile in Industrial Automation: The Digital Transformation of Yokogawa

Versicherung
Neues Arbeiten
Führung
Agile Prinzipien
Kundenfokus

Kundenzentrierte Versicherung: Kann ein agiles Projekt die Organisation retten?

Versicherung
Change
Digitale Transformation
Agile Prinzipien
Kundenfokus

Agilität in den Vertrieb bringen – für Versicherer sinnvoll

Versicherung
Agile Prinzipien
Kundenfokus
Agile Toolbox
Produktentwicklung

BizDevOps in der Versicherungsbranche – Wie multidisziplinäre Teams wirklich besetzt sein sollten

Versicherung
Agile Prinzipien
Kundenfokus
Neues Arbeiten
Meetings

Undercover Agile für Versicherer: 5 agile Praktiken für Ihr klassisches IT-Projekt

Versicherung
Change
Digitale Transformation
Agile Prinzipien
Kundenfokus

IT-Projekte in der Versicherungsbranche – Das Rennen um die Time-to-Market

Team
Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills

Umgang mit Fehlern & Diversität – Erfolgreiche agile Teams #2

Team
Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Produktentwicklung

Das Geheimrezept von High-Performance-Teams

Team
Arbeiten bei borisgloger consulting
Agile Prinzipien
Freiwilligkeit
Selbstorganisation

Konsent und offene Wahl: 2 Prinzipien aus der Soziokratie, die jedes agile Team gebrauchen kann

Team
Neues Arbeiten
Meetings
Social Skills

Der agile Adventkalender

Team
Agile Toolbox
Scrum
ScrumMaster-Praxistipps
Agile Prinzipien

Selbstorganisation der Teams fördern: Ask the team!

Team
Agile Toolbox
Design Thinking

Who Recognizes the Truly Good Ideas?

Team
Agile Organization
Transformation

Pizza Is Not Dead, and Neither Is Agility

Scrum4Schools
Neues Arbeiten
Führung
Life
Social Skills

Trauen wir unseren Kindern mehr zu – auch in der Schule!

Scrum4Schools
Change
Agiles Lernen
Neues Arbeiten
Remote Arbeiten

Eine Scrum4Schools-Projekt-Rückschau mit Physiklehrer Ivan Topic

Scrum4Schools
Mehr Formate
Interview
Nachhaltigkeit

Mit Scrum4Schools dem Weltraum auf der Spur

Scrum4Schools
Change
Agiles Lernen

Scrum4Schools - ein Projekt nimmt Fahrt auf

Scrum4Schools
Agile Schulentwicklung
Agile Toolbox

Technik im Alltag - Scrum4Schools zu Gast in Langenzersdorf

Projektmanagement
Agile Toolbox
Scrum
Scrum-Begriffe
ScrumMaster-Praxistipps

Sprechen Sie Agile? Den klassischen Projektplan in die agile Welt überführen

Projektmanagement
Agiles Management
Agile Toolbox
Scrum
Enterprise Scrum

Das Management in Scrum

Projektmanagement
Change
Digitale Transformation

Agilität in der Logistik oder: Liefern wie Amazon

Projektmanagement
Agile Toolbox
Scrum

Meilensteine und Scrum

Portfoliomanagement
Project management

Too many projects? Portfolio management simplified

Neues Arbeiten
Mehr Formate
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Values

Wie agiles Arbeiten die Kommunikation aus der Selbstverständlichkeit holt

Neues Arbeiten
Change
Agiles Lernen
Mehr Formate
Audio

New Learning heute für das New Work von morgen – mit Angelika Weis

Neues Arbeiten
Change
Soziale Innovation

New Work Experience 2019 – ein Erfahrungsbericht

Neues Arbeiten
Audit
Change

Agil im Audit: das Starter-Kit

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum4Schools
Agile Prinzipien

Scrum4Schools: Lernen für die Zukunft

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Meetings
Retrospektive

Arbeiten wir uns gesund!

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
ScrumMaster-Praxistipps

Who should be in (agile) HR?

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Values

Glauben Sie an die Seele Ihrer Firma?

Neues Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Product Owner
ScrumMaster-Praxistipps

Produktivität auf Irrwegen: &quot;Führen wir schnell mal Scrum ein!&quot;

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Freiwilliges Teilen von Wissen – Erfolgreiche agile Teams #5

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Doing vs. Being Agile – Erfolgreiche agile Teams #1

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Freude bei der Arbeit & Sustainable Pace – Erfolgreiche agile Teams #3

Neues Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Social Skills
Team

Anpassungsfähigkeit & schonungslose Offenheit – Erfolgreiche agile Teams #4

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Agile Toolbox

Transformationsberatung im Remote-Modus #4: die Unternehmenskultur verstehen

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Team
Mehr Formate
Workshop-Anleitung

So funktionieren eure Kreativ-Workshops auch im Remote Office

Neues Arbeiten
Change
Life
Mehr Formate
Video

Meetup mit Timo Daum: Quo vadis, Agilität?

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Agiles Lernen

Homeschooling – gelingt mit Gelassenheit

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Meetings

Wie Sie Online-Meetings rocken 2.0: Die Einladung

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Agile Toolbox

Transformationsberatung im Remote-Modus #3: Artefakte einführen

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Arbeiten bei borisgloger consulting
Change
Digitale Transformation

Ein Jahr Remote-Trainings: Wie wir das „neue Normal“ erfolgreich integriert haben

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Change
Digitale Transformation
Meetings

Wie Sie Online-Meetings rocken 1.0: Der gute Gastgeber

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Agile Prinzipien
Selbstorganisation
Team

Das Logbuch als rasche Orientierung für verteilte Scrum-Teams

Neues Arbeiten
Remote Arbeiten
Agile Toolbox
Scrum
Scrum Meetings

Sprint Review im Home Office